Als im Februar 2020 erstmals bekannt wurde, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft das Eurofighter-Verfahren einstellen möchte, war Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), der die Betrugsanzeige 2017 initiiert hatte, "fassungslos", und auch die frischgebackene Heeres-Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) übte harsche Kritik an dem Vorhabensbericht.
Heute wurde der Finanzprokuratur vom Landesgericht für Strafsachen in Wien tatsächlich der Einstellungsbeschluss übermittelt. Die Finanzprokuratur wird dagegen allerdings im Namen der Republik Österreich Einspruch erheben.
Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur: „Die Republik Österreich wird als Privatbeteiligte von ihrem Recht Gebrauch machen und den Einstellungsbeschluss mit Beschwerde bekämpfen. Ich gehe davon aus, dass der Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien einer sorgfältigen richterlichen Überprüfung durch das Oberlandesgericht Wien nicht standhalten wird, wie in allen bisherigen Fällen.“
Einen ersten Sieg hatte die Finanzprokuratur übrigens davor bereits errungen: Die Absicht, den Wunsch der Republik Österreich nach Ergänzung des Sachverständigengutachtens zurückzuweisen, wurde vom Oberlandesgericht abgeschmettert.
"Waschechter Skandal"
Burgenlands Landeshauptmann Doskozil wertet die am Montag bekannt gewordene Einstellung der Betrugsanzeige gegen Airbus in der Eurofighter-Causa als "waschechten Skandal". Es sei ein "Schlag ins Gesicht der österreichischen Steuerzahler", dass die österreichische Justiz offenbar keinerlei Interesse habe, den gut begründeten Betrugsvorwürfen gegen Airbus nachzugehen.
Schaden von 183 Millionen Euro
Mit der Strafanzeige vom 16.02.2017 hatte die Republik Österreich den Vorwurf erhoben, beim Abschluss der Kaufvereinbarungen im Jahr 2003 und dem sogenannten Vergleich im Jahr 2007 über den Wert der Eurofighter und die Lieferfähigkeit getäuscht worden zu sein. Die Republik Österreich hatte sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte mit einem Schaden von zumindest EUR 183,4 Millionen Euro angeschlossen. Zuletzt hatte Airbus gegenüber den US-Justizbehörden zugestanden, aus dem von der Republik Österreich bezahlten Kaufpreis „politische Zuwendungen“ finanziert zu haben.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien geht in seiner Begründung davon aus, dass die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH jederzeit lieferfähig gewesen wäre und für sie auch eine Umrüstung von Eurofightern der Tranche 1 Block 5 auf Eurofighter der Tranche 2 Block 8 technisch möglich gewesen wäre.
Kein Betrug trotz Täuschung?
Darüber hinaus vermeint das Landesgericht für Strafsachen Wien, dass auch eine Täuschung über die Einpreisung von Gegengeschäftskosten in Höhe von EUR 183,4 Millionen Euro nicht einen Betrug begründen könne, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Republik Österreich bei Kenntnis von der vertragswidrigen Einpreisung von einem Vertragsabschluss tatsächlich Abstand genommen hätte, da die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH Bestbieter gewesen sei und die Preisbestimmung in Kaufvertragsverhandlungen nicht alleine von den Wünschen des Käufers abhänge.
Zudem sei die Einpreisung von Gegengeschäftskosten nicht als unüblich anzusehen. Abschließend hält das Landesgericht für Strafsachen Wien fest, dass den damaligen Entscheidungsträgern von Airbus und der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH kein subjektiver Tatvorsatz nachzuweisen war.
Schmiergeld "nicht von Relevanz"
Im Zusammenhang mit der am 30.01.2020 abgeschlossenen Vereinbarung zwischen Airbus und den amerikanischen Behörden, mit welchem Airbus eingestand, dass ein Teilbetrag des von der Republik Österreich bezahlten Kaufpreises von EUR 55,1 Millionen Euro für „politische Zuwendungen“ verwendet worden war, vertritt das Landesgericht für Strafsachen Wien entgegen der Auffassung der WKStA die Auffassung, dass dies für die Beurteilung der gegen Airbus und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH erhobenen Betrugsvorwürfe nicht von Relevanz ist.
Claudia Gigler