Es ist eine Premiere zumindest in der jüngeren österreichischen Geschichte: Wie Bildungsminister Heinz Faßmann am Mittwoch bekannt gab, wird die Matura im heurigen Jahr nur schriftlich statt, ab 25. Mai, der mündliche Teil entfällt komplett. Der schriftliche Part bleibt als Zentralmatura konzipiert, bei der Notenfindung in den mündlichen Fächern sollen die Leistungen des abgelaufenen Jahres miteinbezogen werden - in welchem Verhältnis, ist laut Faßmann noch nicht endgültig geklärt. Laut Unterlagen zur Pressekonferenz dürfte die Prüfungsnote 70 Prozent ausmachen, die Note der Abschlussklasse 30 Prozent.
„Wir planen eine Matura mit Augenmaß und Erleichterungen“, sagte Faßmann. Zudem muss jeder Schüler nur in drei Fächern antreten - Deutsch, Mathematik und einer lebenden Fremdsprache. In die Maturanote soll die Note des achten Schuljahres mit einfließen. Der Unterricht in den Maturaklassen startet mit 4. Mai, abgehalten wird die Reifeprüfung ab 25. Mai. Auch für die berufsbildenden Schulen wird es die Möglichkeit eines Abschlusses geben, unter den selben hygienischen Maßnahmen.
Maske kann beim Schreiben abgenommen werden
Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, soll die Matura nicht im Klassenzimmer, sondern in Turnsälen oder in der Aula, sofern vorhanden, abgehalten werden. Die Schüler werden eine Maske erhalten, können diese aber während des Schreibens abnehmen. Will ein Schüler unbedingt mündlich brillieren, kann er auf den Herbsttermin ausweichen. Schüler, die in eine Risikogruppe fallen, können in einem eigenen Raum arbeiten.
Wer ein Nicht Genügend erhält, kann dieses im Juni bei einer Kompensationsprüfung ausbessern. Die Dauer der Klausurarbeit wird laut Faßmann jeweils um eine Stunde verlängert - damit die Arbeitsflächen desinfiziert und die Räume ausreichend gelüftet werden können.
Lehrlinge müssen nicht zum theoretischen Teil antreten
Auch an den berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) finden die Abschlussprüfungen statt - allerdings erst im Juni. Für Berufsschulen gilt: Lehrlinge, die die letzte Klasse der Berufsschule positiv abgeschlossen haben, müssen nicht zum theoretischen Teil der Lehrabschlussprüfung antreten - die Note wird automatisch angerechnet. Wer negativ abschließt, kann die Fachtheorie im Rahmen der Lehrabschlussprüfung absolvieren. Auch die Lehrlinge im letzten Jahr dürfen ab 4. Mai unter hygienischen Auflagen an die Schulen zurück.
Balance zwischen Qualität und Milde
Man werde darauf schauen, dass die Qualität der Matura erhalten wird. "Als ältere Mensch weiß ich, dass wir in bestimmten Situationen milde und nachgiebig sein müssen - insbesondere in einer schwierigen Situation wie der jetzigen, für die sie nicht verantwortlich sind." Man versuche, diese Balance zu halten. Für ein generelles "Niemand soll heuer Sitzenbleiben", wollte sich Faßmann zum jetzigen Zeitpunkt nicht aussprechen.
Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike begrüßte die Maßnahmen - man sei gehört worden, unter den gegebenen Umständen sei die Matura machbar.
Kindergärten sind Ländersache
Kindergärten seien kompetenzmäßig bei den Ländern. Er werde sich aber mit diesen zusammensetzen, um zu einer einheitlichen Regelung zu kommen, sagte Faßmann. Diese sei aber nur in Zusammenarbeit mit den Ländern möglich.
Keine Matura in Frankreich, Großbritannien
Die Abhaltung der Matura bereitet allen europäischen Ländern im heurigen Jahr besonderes Kopfzerbrechen. Erstmals seit der Einführung durch Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts findet in Frankreich der traditionelle „Bac“ im heurigen Jahr nicht statt. Großbritannien geht denselben Weg. Die „A-Level-Prüfungen“ hätten Mitte Mai beginnen sollen. An ihre Stelle sollen „faire, objektive und sorgfältig überlegte“ Einschätzungen der Schulen treten. Diese Bewertungen sollen widerspiegeln, „welche Noten die Schüler am wahrscheinlichsten erhalten hätten, wenn sie die Prüfungen abgelegt hätten“. Italien will nur die mündliche Matura abhalten.
Keine Schularbeiten mehr
Dem Vernehmen nach will Faßmann heute außerdem verkünden, dass in den Unter- und Oberstufenklassen, sofern sie vor dem Sommer noch zu einem regulären Unterricht zusammenkommen, keine Schularbeiten und keine Tests mehr geschrieben werden sollen. Die Noten des Halbjahrszeugnis soll bis auf wenig Ausnahmen bindend für das Schlusszeugnis sein. Bei Unklarheiten sind Feststellungsprüfungen vorstellbar.
Storno bei Schullandwochen, Schi- und Sprachkursen
Eine Lösung will Faßmann auch für jene 32.000 Berufsschüler präsentiert werden, die vor dem Abschluss stehen, aber wegen der Praktika in Verzug geraten könnten. Angedacht ist auch die Schaffung eines millionenschweren Härtefonds bei Stornierungen von Schullandwochen, Skikursen, Sprachreisen.