Die gesamten Einnahmen des Bundes betragen rund 82 Milliarden Euro. Das war somit vor der Corona-Krise der Umfang des Budgets. Genauer gesagt: Ein bisschen weniger, denn es war sogar ein kleiner Budgetüberschuss eingeplant.
Unvorstellbare 24 Milliarden Euro wird das Parlament heute zum ersten Paket mit einem Volumen von vier Milliarden Euro an Garantien und Finanzhilfen für notleidende österreichische Unternehmen beschließen. Das ist ein Betrag in Höhe eines Drittels des gesamten Budgets.
Schon an der Abwicklung des Härtefallfonds, der als Teil des Soforthilfepakets zusätzlich mit nunmehr zwei statt einer Milliarde Euro finanziert wird, war Kritik laut geworden, weil dieser über die Wirtschaftskammern abgewickelt wird.
Die Opposition befürchtet, dass die Versuchung groß ist, hier "parteipolitische Partikularinteressen zu bedienen". Die Betriebe würden zudem zu "gläsernen Unternehmen", die der WKO umfassende Kontrollrechte über den Zeitraum von zehn Jahren einräumen müssten, wobei die Wirtschaftskammer sogar Daten von Dritten - von Organen des Bundes - beziehen dürfte.
Ein Stück vom Kuchen gibt die Wirtschaftskammer per heutigem Gesetzesbeschluss ab: Die land-und forstwirtschaftlichen Betriebe sowie die Privatzimmervermieter wickelt die Agrarmarkt Austria (AMA) ab.
Förderfirma gegründet
Für die Abwicklung von 24 Milliarden Euro Fördergeld wurde eine eigene Firma gegründet, die COF AG (Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH"), eine Tochter der Abbaugesellschaft ABBAG. Aufgabe der ABBAG war es ursprünglich, das Bankenpaket abzuwickeln, das die Österreichische Volksbanken AG, die Kommunalkredit Austria AG und über die Bad-Bank Heta die Hypo Group Alpe Adria vor der Pleite rettete. Aufgaben waren die Verwertung von Anteilen und Vermögensrechten des Bundes. Die Aufgaben sind weitestgehend erledigt.
Der frühere Geschäftsführer Bernhard Perner ist der neue Geschäftsführer der COF AG. Kapitalmarkt-Experte Perner war nach seiner Tätigkeit bei Deloitte Sonderberater dreier Finanzminister (Hartwig Löger, Hans Jörg Schelling, Michael Spindelegger) und stieg zuletzt zum Direktor in der ÖBAG (Österreichische Beteiligungsgesellschaft), die frühere Verstaatlichtenholding, auf.
Türkis-grüner Paarlauf
In der COF AG hat er einen grünen Geschäftsführer an seiner Seite, Marc Schimpel, früher Büroleiter des Grünen Klubs im Parlament, zuletzt bei PricewaterhouseCoopers. Unternehmensgegenstand sind nun Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen. Allerdings: Es besteht kein Rechtsanspruch auf diese Förderungen.
Die Bestellung obliegt Finanzminister und (grünem) Vizekanzler, im alten ABBAG-Gesetzestext war es noch der (zur Zeit der Bankenkrise rote) Bundeskanzler.
Zweck der Gesellschaft ist "die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß § 3b Abs. 1, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind".
Bund haftet ohne Obergrenze
Erstaunlich: Es gibt keine Obergrenze. Im COVID-19-Fondsgesetz heißt es, die bisher genannten vier Milliarden Euro würden nunmehr "durch 28 Milliarden Euro" ersetzt. Dieses Gesetz regelt grundsätzlich die Dotierung des Krisenbewältigungsfonds.
In der heute zu beschließenden Novelle des ABBAG-Gesetzes lautet die Formulierung allerdings: "Der Bund stattet die COF AG so aus, dass diese jederzeit in der Lage ist, die von ihr übernommenen finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen."
Diese Formulierung wurde offenbar so gewählt, um die volle Haftung des Bundes und damit günstige Bedingungen für Kredite zu gewährleisten. Damit gibt es jedoch formal kein Limit, auf das Parlamentarier oder Finanzminister Einfluss hätten. Was die COF AG zusagt, muss vom Bund bedeckt werden.
Kontrolle durch Ausschuss & Beirat
In der nächsten Zeit werden rund um die "Covid-19 Finanzierungsagentur" noch zahlreiche weitere Positionen zu besetzen sein, heißt es laut Nachrichtenmagazin "profil". Es soll einen fünfköpfigen Ausschuss geben, der alle finanziellen Maßnahmen der Geschäftsführung genehmigen muss. Außerdem soll ein neunköpfiger Beirat, "in dem politisch und gesellschaftlich relevante Stakeholder der Republik Österreich vertreten" sind, als Beratungsgremium fungieren. Darüber hinaus kann - auf freiwilliger Basis - auch noch ein Aufsichtsrat mit acht Mitgliedern eingerichtet werden.
Claudia Gigler