Als "grob fahrlässig" bezeichnet Innenminister Karl Nehammer die von der Stadt Wien initiierte Taxi-Gutscheinaktion für Pensionisten. "Unser aller Ziel muss es sein, die ältere Generation mit allen Mitteln zu schützen, so der ÖVP-Politiker: "Gerade Personen über 65 Jahren sind besonders schutzbedürftig und sollten daher möglichst nicht mit anderen Menschen in Kontakt kommen." Stattdessen sollten die Stadt einen mobilen Einkaufdienst für Ältere und Schutzbedürftige anbieten.
Vor zwei Wochen hatte die Stadt Wien verkündet, allen Wienerinnen und Wiener, die älter als 65 Jahre sind, Taxigutscheine im Wert von jeweils 50 Euro zu überreichen. Damit könnten Besorgungen einfacher erledigt werden. Alle Pensionisten haben bereits Schreiben von Bürgermeister Michael Ludwig erhalten. Die Aktion war von Anbeginn an umstritten, gelten doch Taxis wegen der Frequenz an Fahrgästen als Virenschleuder. Dass die Aktion im Zusammenhang mit der für Oktober geplanten Wien-Wal steht, wird von der SPÖ in Abrede gestellt.
Mobile Einkaufsdienste als Alternative
„Wien lockt mit der Taxigutscheinaktionen die besonders gefährdete Zielgruppe der älteren Generation bewusst außer Haus. Das ist grob fahrlässig und bringt Menschen in Gefahr“, so Nehammer. Der Innenminister fordert Wien daher auf, die Aktion einzustellen und die ältere Generation durch Einkaufsdienste zu unterstützen. „Am besten wären daher mobile Einkaufsdienste, die besonders Schutzbedürftige versorgen.“
Retourkutsche für rote Attacken?
Dass sich Nehammer ausgerechnet jetzt so deutlich gegen die Taxiaktion ausspricht, ist kein Zufall. Die Wiener SPÖ hat in den vergangenen Tagen regelmäßig den Bund aufgefordert, die seit Mitte März gesperrten Bundesgärten - darunter fallen der Augarten, der Schönbrunner Schlosspark oder der Burg- und Volksgarten - wieder zu öffnen. Das Argument: Durch die Sperren müssten Wiener auf andere Grünflächen ausweichen, um in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen einmal Luft zu schnappen. Dadurch drängten sich mehr Menschen in den zugänglichen Freiflächen, weshalb es schwer werde, den geforderten Mindestabstand einzuhalten. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) erteilte dieser Forderung nun eine Absage und warf den Roten vor, politisches Kleingeld zu wechseln.
Konflikt zwischen SPÖ und Grüne
In der Frage, ob in Corona-Zeiten einzelne Wiener Straßenzüge für Fußgänger und Radler geöffnet werden, geraten sich zunehmend auch SPÖ und Grüne in die Haare. Der grüne Klubchef David Ellensohn zeigte sich am Mittwochnachmittag darüber erzürnt, dass Ludwig das Vorhaben "gestoppt" hätte. Dessen Büro dementiert. Die Sache müsse aber "wohlüberlegt" sein.
Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) hatte schon am Wochenende angekündigt, Straßen für Fußgänger und Radfahrer öffnen zu wollen. Auch einzelne Magistratsabteilungen waren dem Vernehmen nach schon mit diesbezüglichen Planungen beauftragt worden. Am Dienstagabend übermittelte Hebein dem Bürgermeister ein schriftliches Konzept, welche Straßen für die Dauer der Ausgangsbeschränkungen zu "temporären Begegnungszonen" umgewandelt werden sollen. Am Mittwoch gab es dazu dann ein Gespräch zwischen Stadtchef und seiner Vize.
Über das Ergebnis berichteten SPÖ und Grüne im Anschluss unterschiedliche Versionen. "Der Bürgermeister hat die Vorarbeiten gestoppt. Ich ärgere mich, weil ich den Eindruck habe, dass die Gesundheit der Wienerinnen und Wiener zum politischen Spielball wird", zeigte sich Grünen-Klubchef Ellensohn erbost. Offenbar stehe die SPÖ auf den Standpunkt: Wenn der Bund die Bundesgärten nicht öffnen wolle, "dann machen wir das mit den Straßen in Wien auch nicht".