Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) präsentierten heute ein Justizpaket mit Notmassnahmen wegen des Coronavirus. Alle Fristen in Verwaltung und Justiz werden demnach vorerst bis Ende April unterbrochen bzw. gehemmt. Diese Aussetzung der Fristen könnte je nach Lage auch verlängert werden. Das muss aber noch per Gesetz im Nationalrat beschlossen werden. ÖVP und Grüne bringen dazu einen Initiativantrag ein.
Konkret werden alle gerichtlichen Fristen bis Ende April unterbrochen - das heißt, sie beginnen am 1. Mai bei Null wieder neu zu laufen. Das betrifft zum Beispiel den Fall, dass jemand ein Urteil zugestellt bekommt und dagegen berufen will.
Scheidungen gehemmt
Etwas anders ist es bei Fristen, die "gesetzlich ausgelöst" werden: Sie werden (ebenfalls bis Ende April) nur "gehemmt" - das bedeutet, dass sie ab 1. Mai nicht bei Null beginnen, sondern dort weiterlaufen, wo sie jetzt gerade stehen. Das betrifft zum Beispiel Verjährungen, das Einbringen einer Besitzstörungsklage oder auch Scheidungen.
Haftprüfung über Video
Es gibt aber unaufschiebbare Sachen, die von der Fristaussetzung ausgenommen sind: etwa Haftprüfungen oder die Verhängung der U-Haft, also alles, was mit Freiheitsentzug verbunden ist. Dort laufen die Fristen normal weiter. Das Gesetz soll aber ermöglichen, dass Haftprüfungen möglichst per Videotelefon ohne direkten Kontakt ablaufen.
Schlechte Nachricht: Auch die Verfolgungsverjährung wird unterbrochen. Wer also etwa zu schnell mit dem Auto fährt, kann später auch noch bestraft werden.
Die Unterbrechung der Fristen gilt auch für Asylverfahren (also etwa Einspruch gegen einen negativen Asylbescheid).
Weitere Maßnahmen:
"Insolvenzbremse": Die Frist zur Einbringung eines Insolzenzantrags wird von 60 auf 120 Tage verdoppelt. Firmen sollen in der Zwischenzeit noch eine Runde prüfen, ob sie sich nicht doch irgendwie retten können.
Jegliches Besuchsrecht im Gefängnis ist eingeschränkt. Kommen dürfen nur Rechtsanwälte - und die müssen hinter einer Glasscheibe sitzen.
Neu Verhaftete bleiben 14 Tage lang in einer abgetrennten "Zugangsabteilung" mit Einzelzellen- erst, wenn geklärt ist, dass sie gesund sind, kommen sie ins normale Gefängnis.
Die Justizwache wird in Gruppen eingeteilt - damit, falls einer erkrankt, ein komplett anderes Team antreten kann.
Edtstadler hofft, dass es im Parlament eine Verfassungsmehrheit (mit Hilfe der Opposition) geben wird, da teils das Bundes-Verfassungsgesetz geändert werden muss. Sie sprach bei der Pressekonferenz davon, aus Anlass der Corona-Krise nun die Verfassung "auf die technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts anzuheben" (gemeint: Video-Vernehmungen etc.).
Bisher kein Corona-Fall im Gefängnis
Schon am Montag hatte Zadic weitere Einschränkungen im Strafvollzug verkündet und zugleich die davon Betroffenen um Verständnis ersucht. So dürfen Häftlinge bis auf Weiteres keine Besuche von Angehörigen mehr empfangen. Aus- und Freigänge werden gestrichen.
"Bisher gibt es in österreichischen Gefängnissen keinen Corona-Fall. Das liegt daran, dass wir schon vor Wochen die ersten Maßnahmen gesetzt haben. Angesichts der rasanten Ausbreitung des Virus in Österreich war es notwendig, weitere restriktivere Maßnahmen einzuführen", erläuterte Zadic.
Seit Montag finden Gerichtsverhandlungen österreichweit nur mehr in den allernotwendigsten Fällen statt. Das bedeutet für die Strafgerichtsbarkeit, dass nur mehr in Haftsachen verhandelt wird, wo es um die Einhaltung von Fristen geht. Der Parteienverkehr wird weiter limitiert.
Die allgemeinen Parteienverkehrszeiten an den Gerichten treten außer Kraft. "Der Parteienverkehr beschränkt sich auf die elementaren, durch die Verfahrensrechte gewährleisteten Verfahrens- und Parteienrechte. Dazu zählen insbesondere die Akteneinsicht sowie die Möglichkeit, Anträge und sonstige Eingaben fristwahrend bei Gericht anzubringen", heißt es in der Verordnung, die vorerst bis 13. April gilt.