Aus 21 Sozialversicherungskassen wurden unter der türkis-blauen Koalition fünf – und mit der Reform kam ein Versprechen: „Finanziell soll der Umbau bis 2023 eine Milliarde Euro bringen“, versprach Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Herbst 2018 – eine Einsparung, die allein den Versicherten zugutekommen sollte und die die Koalition daher publikumswirksam zur „Patientenmilliarde“ erklärte. 500 Millionen Euro allein sollten daraus für „mehr Kassen- und Landärzte“ in die Hand genommen werden.
Kommentar
Nun sieht es allerdings nicht danach aus, als ob die neuen Kassen so viel Geld in die Hand nehmen könnten: Wie Anfragen der Opposition an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigen, rechnet die mit 7,2 Millionen Versicherten mit Abstand größte Krankenkasse des Landes, die ÖGK, in den kommenden Jahren mit deutlichen Verlusten – in einem Ausmaß, das bedeutet, dass man „den Gürtel enger schnallen“ müssen wird, wie ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer ankündigt.
Konsolidierungspfad
Wurzer, ehemals ÖVP-Lokalpolitiker, kündigt einen „Konsolidierungspfad“ an: Die alten Gebietskrankenkassen, die in der ÖGK aufgegangen sind, hätten in den zwei Jahren vor der Fusion „über ihre Verhältnisse“ gelebt: Einzelne Gebietskrankenkassen hätten etwa überdurchschnittliche Verträge mit einer Steigerung von bis zu elf Prozent bei den Ärztehonoraren abgeschlossen. Die Aufwendungen für ärztliche Hilfe seien von 2017 bis 2019 um durchschnittlich 5,9 Prozent pro Jahr gestiegen. Dies bedeute Mehrausgaben von rund 300 Millionen Euro, die jetzt „mitgeschleppt“ würden. Zudem erwartet die Kasse auch langsamer steigende Einnahmen: In der schwächer wachsenden Wirtschaftslage kommen weniger Beitragszahlungen herein.
Für die SPÖ, die – auch des Machtverlustes wegen, der für sie damit einherging – die Reform stets abgelehnt hat, sieht einen „gesundheitspolitischen Skandal“. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner befürchtet nun drohende Beitragserhöhungen, Selbstbehalte und Leistungskürzungen für die Patienten.
Bei Patienten soll nicht gespart werden
Wurzer weist das zurück: Bei den Leistungen für die Patienten solle nicht gespart werden; er kündigt harte Verhandlungen mit der Ärzteschaft an, bei denen „nicht alles nach oben harmonisiert“ werden könne.
Wogegen die Ärzte umgehend Protest einlegen: „Illusorisch und patientenfeindlich gleichermaßen“ findet Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer, Wurzers Aussagen. Kürzungen bei Ärztehonoraren würden „direkt zulasten der Patienten“ gehen.
Matthias Krenn, von den Freiheitlichen nominierter Obmann der ÖGK, weist die Debatte im Gespräch mit der Kleinen Zeitung zurück: „Es ist Kaffeesudlesen, weil Synergien durch die Fusion noch nicht eingepreist sind. Die Patientenmilliarde lässt sich darstellen, das werden wir auch noch tun.“