Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will in der Debatte um seine Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) einen Runden Tisch in Kanzleramt einberufen. Thema des Treffens sollen "Defizite und Verbesserungspotenziale" in der WKStA sein, neben Kurz sollen die Standesvertreter sowie Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) teilnehmen.
Die SPÖ fordert von Kurz eine Entschuldigung für seine Angriffe auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Den angekündigten "runden Tisch" kritisierte Justizsprecherin Selma Yildirim (SPÖ) bei einer Pressekonferenz am Donnerstag als Einmischung des Kanzlers. Sie fordert außerdem ein Ende des Sparkurses in der Justiz und 800 zusätzliche Planstellen.
"In der Causa WKStA bleibe ich dabei, dass es legitim ist, bestimmte Abläufe und Prozesse kritisch zu hinterfragen, denn eine unabhängige und funktionierende Justiz ist ein wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen Rechtsstaats", erklärte der Bundeskanzler Donnerstagfrüh gegenüber der APA. "Deshalb möchte ich mit den Standesvertretern sowie der Justiz- und der Kanzleramtsministerin die aktuellen Kritikpunkte sowie jene der vergangenen Jahre bei einem runden Tisch im Bundeskanzleramt ansprechen und diskutieren, um anschließend die im Regierungsprogramm vorgegebenen Ziele rasch in Umsetzung zu bringen."
Kommentar von Hubert Patterer
Kurz: Justiz soll "unabhängig arbeiten"
Die Justiz soll laut Kurz "unabhängig und objektiv arbeiten". Beim Runden Tisch soll es nach Meinung des Bundeskanzlers vor allem um drei Punkte gehen: die Verfahrensdauer, das Vertrauen in die Justiz sowie Unabhängigkeit und Objektivität.
"Welche Maßnahmen können gesetzt werden, damit Schuldige schneller bestraft werden und Unschuldigen nicht zu lang etwas Unrechtes vorgeworfen wird, wodurch diese massive Nachteile insbesondere in ihrem Berufsleben in Kauf nehmen müssen". Punkto Vertrauen geht es laut Kurz um die Frage, wie "die anscheinend gravierenden Unstimmigkeiten, Anschuldigungen, Anzeigen und öffentlich ausgetragenen Konflikte zwischen der WKStA und den Oberbehörden endgültig gelöst werden, damit das Vertrauen in die Justiz nicht weiter leidet".
"Faktenbasierte Debatte"
In Sachen Objektivität will Kurz laut eigenen Aussagen parteipolitische Besetzungen verhindern. "Es gibt eine lange Tradition und gelebte Praxis von parteipolitischen Besetzungen in Teilen der österreichischen Verwaltung. Wie kann gerade im sensiblen Bereich der Korruptionsstaatsanwaltschaft sichergestellt werden, dass Derartiges insbesondere dort nicht stattfindet."
Darüber hinaus brauche es auch eine entsprechende finanzielle Ausstattung der Justiz. "Ich bin überzeugt, dass eine sachliche und faktenbasierte Debatte ohne Tabus zu einer Stärkung sowie Objektivität der Justiz und ihrer Arbeit führen wird."
Kurz hatte in einem nicht zur Berichterstattung gedachten Hintergrundgespräch mit Journalisten vor zwei Wochen im Zusammenhang mit den Ermittlungen rund um die Causa Casinos und gegen Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft attackiert und sinngemäß als Netzwerk roter Staatsanwälte bezeichnet. Die Wochenzeitung "Falter" hatte die Aussagen diese Woche veröffentlicht. Staatsanwälte, Richter und Opposition reagierten darauf alarmiert. Die Standesvertreter wiesen den im Raum stehenden Vorwurf parteipolitischen Agierens vehement zurück.