Man hätte sich für die Fahrt in die Wachau eine bessere, weil wärmere Jahreszeit aussuchen können, aber das Abklappern von Weinkellern ist nicht der vorrangige Zweck des Ausflugs. Moderne Kommunikationstrainer sprechen vom „Teambuilding“. Die Parallelen zur altehrwürdigen Klassenfahrt, wenn auch ohne Stockbetten, sind unübersehbar, wenn sich die 17-köpfige Regierung heute Vormittag am Ballhausplatz einfindet, um zur Klausur nach Krems aufzubrechen.
Und weil 95 Prozent der Politik, wie ein ehemaliger Kanzler einst meinte, Inszenierung sind und die Klimakrise immer dramatischere Ausmaße annimmt, lässt man die großen Limousinen in der Garage und fährt mit dem Bus. Damit der breiten Öffentlichkeit der schmerzliche Verzicht auf den eigenen, im Regelfall wenig klimafreundlichen fahrbaren Untersatz nicht entgeht, dürfen Fotografen, Kameraleute, Journalisten ausnahmsweise zusteigen. Wer von den mitfahrenden Ministern, Staatssekretären, Klubobleuten im Bus in der letzten Reihe Platz nimmt, bleibt somit auch kein Geheimnis mehr.
Vor der Abfahrt wurden etliche Regierungsmitglieder ein zweites Mal von Bundespräsident Van der Bellen angelobt: sämtliche grüne und auch ein paar türkise. Kompetenzverschiebungen in Zusammenhang mit der Umbenennung der einzelnen Ministerien machten diesen Akt notwendig.
Am Nachmittag beginnt die Regierungsklausur.
Der Start der neuen Regierung fiel etwas holprig aus, bisweilen hatte man den Eindruck, dass die ÖVP den Grünen die Luft zum Atmen raubt. Um den Beweis anzutreten, dass man auf Augenhöhe koaliert, wollen Kanzler und Vizekanzler bei der zweitägigen Klausur ein Steuerpaket schnüren, das eine türkise wie auch eine nicht zu übersehende grüne Handschrift trägt – unter dem journalistisch zugespitzten Slogan „Weniger Steuern, mehr Öko“.
- Bereits im Regierungsabkommen ist nachzulesen, dass ab 2021 die Lohn- und Einkommensteuertarife von 25 auf 20, von 35 auf 30, von 42 auf 40 Prozent gesenkt werden sollen. Im selben Atemzug sollen sechs klimafreundliche Schritte gesetzt werden wie die Ökologisierung
- des Pendlerpauschales
- des Dienstwagenprivilegs (stärkere Anreize für CO2-freie Dienstwägen)
- der Nova (Erhöhung, Spreizung, CO2-Formel ohne Deckelung)
- der bestehenden Lkw-Maut (stärkere Spreizung nach Euroklassen),
- das Zurückdrängen des Lkw-Tanktourismus sowie
- die Erhöhung der Flugticketabgabe auf zwölf Euro pro Ticket.
Konkret soll in Krems ein Fahrplan sowohl für die Tarifentlastung als auch für die Ökologisierung erstellt werden. Dieser soll dann noch am Donnerstag im Ministerrat abgesegnet werden.
In den heutigen Abendstunden stößt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zur ministeriellen Runde dazu. Ob die Regierung dann mit dem Bus nach Wien zurückkehrt oder auf Dienstwägen umsteigt, wird von den mitfahrenden Medien genau registriert werden.