Ihre Vorlesung an der Uni Wien wurde in diesem Semester mehrfach gestört. Wie erklären Sie sich den Unmut gegen Sie?
Lothar Höbelt: Eigentlich sind die Studenten ja arm. Das universitäre Establishment ist eher links, gegen wen sollen sie protestieren? Da haben sie nur mich. Aber früher wollten sie noch diskutieren. Heute kommen sie rein, lesen ihr G’satzerl runter und gehen wieder. Eine gewissermaßen spaßbefreite Art. Kritik an der Vorlesung an sich gibt es nicht ...
So ganz stimmt das aber nicht.
... mit Ausnahme von zwei, drei Scherzen, die sie nicht verstanden haben. Zu aktueller Politik sage ich in diesen Vorlesungen ja nichts.
Welche Scherze waren das?
Einmal wurde ich mit Administrativem belästigt und habe gesagt: Göring soll gesagt haben, dass er zum Revolver greift, wenn er Kultur hört – mir geht es so mit Verwaltung. Aber ich kann damit eh nicht umgehen, weil ich ein ungedienter Jahrgang bin. Dann wurde hysterisch gerufen, wie ich nur Göring zitieren kann.
Sie wissen, dass Provokationen wie diese für Wirbel sorgen. Warum tun Sie es trotzdem?
Alle fünf, zehn Jahre kommt ein Sager, über den sie sich aufregen. Und wer sich von solchen Aussagen wirklich provoziert fühlt, gehört ja dann wirklich nach Steinhof (Anm.: Psychiatrie in Wien).
Die Uni Wien will Sie bis zu Ihrer Pensionierung in eineinhalb Jahren aussitzen.
Was soll sie sonst tun?
Auch Ihre Aussage, dass Sie es für falsch halten, NS-Zeugen in Schulen sprechen zu lassen, fanden viele nicht zum Lachen.
Jede Information gehört kritisch hinterfragt. Und für den kritischen Umgang mit dem Thema ist es das Falsche, betagte Menschen hinzusetzen, die sich an eine Zeit erinnern, die lange zurückliegt. Man kennt das: Wenn man etwas oft erzählt, fallen einem jedes Mal noch bessere Formulierungen ein.
Wollen Sie sagen, dass Zeitzeugen lügen?
Nein, aber Erinnerungen verändern sich. Man soll Zeitzeugen aufnehmen, sich mit ihren Aussagen aber kritisch auseinandersetzen. Alles andere ist nicht wissenschaftlich.
Auch im Nationalrat wurde über Sie gestritten. Wie haben Sie das erlebt?
Ich habe diesen Wirbel nicht angefangen. Aber wenn diese Regierung streitet, werde ich nicht viele Tränen vergießen.
Wie sehen Sie die Demos gegen den Akademikerball?
Wenn ich die Burschenschafter für gefährlich halte, dann lass ich sie trinken und tanzen – dann stellen sie nichts an.
Ihre Einschätzung als Historiker: Werden wir in ein paar Jahren auf das Zerwürfnis zwischen Strache und der FPÖ genauso zurückblicken wie auf Knittelfeld?
Knittelfeld war eine Spaltung, das ist nur eine Irritation. Die DAÖ wird der Sündenbock für die Wien-Wahl sein, die ohnehin verloren ist. Strache tut mir leid, mehr als Gemeinderat wird er nicht mehr.