Grenznahe Asylverfahren und die mögliche Errichtung eines neuen Asylzentrums – mit dieser überraschenden Botschaft hatte Innenminister Karl Nehammer im „Zeit im Bild 2“-Interview am Montag für Wirbel gesorgt. Angedacht sei das in den Grenzbereichen zu Ungarn, Slowenien oder Italien. Damit wurden die Steiermark, Kärnten und das Burgenland quasi über Nacht zu möglichen Standorten für ein neues Asylzentrum.
Eine Ankündigung, die eine ordentliche Portion Öl in das burgenländische Wahlkampf-Feuer gegossen hat. Die Reaktion von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) erfolgte prompt, er sprach von einem möglichen „Anschlag aufs Burgenland“, wenn dahinter womöglich die Absicht stehe, das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen an die ungarische Grenze zu verlegen.
Kaiser zeigt sich "überrascht"
Auch in Kärnten und der Steiermark hält sich die Begeisterung über Nehammers Aussagen in Grenzen. Mit ihm habe man darüber noch nicht gesprochen, erklärte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Zudem beherberge das Bundesland mit Vordernberg bereits ein Anhaltezentrum. „Überrascht“ zeigte sich auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Auch er musste von den Plänen aus den Medien erfahren, „das entspricht nicht meinem Verständnis von einer im Interesse der Menschen dieses Landes verantwortungsbewussten Vorgangsweise“.
Dabei hatten die Pläne des Innenministers vergangene Woche noch anders geklungen. Damals hatte Nehammer im Interview mit der Kleinen Zeitung noch von grenznahen Verfahren gesprochen, „wenn viele gleichzeitig an unseren Grenzen ankommen“. Auf Nachfrage heißt es nun aus seinem Büro, dass man sich mit den aktuellen Plänen zwar auf einen Ernstfall vorbereiten wolle. Implementiert werden soll das neue System aber wohl bereits in naher Zukunft – und damit ohne akute Notlage an den Grenzen. Der Standort dafür bleibt jedoch unklar. Laut Ministerbüro prüfen aktuell hauseigene Experten, an welchen „neuralgischen Punkten“ ein solches System sinnvoll wäre.
Auch Peschorn hatte Pläne
Die Pläne des neuen Innenministers unterscheiden sich zudem nicht unwesentlich von jenen seines Vorgängers Wolfgang Peschorn. Im Interview mit der Kleinen Zeitung hatte Peschorn im Dezember vorgeschlagen, an den großen Grenzübertrittsstellen eigene Bauten zu schaffen, in welchen Polizeikräfte untergebracht und ausgebildet werden könnten. Und „wo wir auch, wenn wieder viele Flüchtlinge kommen, die Erstversorgung und eine erste Überprüfung der Schutzbedürftigkeit vornehmen können“.
Keine Rede war bei Peschorn davon, dass Erstaufnahmezentren an der Grenze zum „Normalszenario“ gehören sollen, sondern es ging um den Aufbau von Strukturen, die im Ernstfall für das Grenzmanagement genützt werden können. Die Krisensituation im Jahr 2015 entstand bekanntlich dadurch, dass Bund und Länder dem plötzlichen Ansturm nicht gewachsen waren und Hilfsorganisationen in einer Spontanaktion Quartiere und Betreuungspersonal aufstellen und jahrelang auf das Geld dafür warten mussten. Zudem gab es damals keinerlei Infrastruktur für eine Erfassung der Daten der zahlreich ankommenden Flüchtlinge.
Bei seinen Plänen ging es Peschorn in der Vorbereitung der neuen Strukturen um „einen breiten Konsens“, der in Vorgesprächen mit den Ländern ebenso wie mit den politischen Par- teien im Parlament herzustellen sei, damit im Bedarfsfall „über alle Gebietskörperschaften hinweg die entsprechenden Kapazitäten organisiert werden“ könnten.
Nehammer ruderte zurück
Innenminister Nehammer ruderte indes bereits zurück. „Wir brauchen keine neuen Asylzentren, sondern Schnellverfahren an der Grenze, um das Weiterwinken nach Österreich und Mitteleuropa zu stoppen“, ließ er via Aussendung wissen. Dabei solle abgeklärt werden, ob Migranten in Schubhaft genommen oder via Dublin-Verfahren in ein anderes EU-Land gebracht werden können. Ein detailliertes Konzept dazu werde folgen.
Der Koalitionspartner reagierte indes gelassen. Laut Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer sei im Regierungsprogramm lediglich davon die Rede, das Zulassungsverfahren zum Asylverfahren grenznah abzuwickeln.