PRO: Als Hackler hat man den Eindruck, dass viele Politiker, vor allem aber die oft gerühmten Pensionsexperten und so manche Kommentatoren uns keine Wertschätzung entgegenbringen bzw. uns nur als Last sehen.
Die viel gepriesenen „dummen Lehrlinge, spätere Facharbeiter und mit Weiterbildung Meister“ schauen bei der geplanten Reparatur der Hacklerregelung blöd durch die Finger. Wenn diese Gruppe nach 47 Pensionsbeitragsjahren (inklusive acht 8 Monaten verordneten Staatsdiensts/Bundesheer) mit 62 Jahren in Pension geht, werden 12,6 Prozent der zustehenden Pension als Strafe auf die restliche Lebenszeit abgezogen.
Die „gescheiten Studierten“ gehen nach einer zehnjährigen Ausbildungszeit, wenn sie mit 25 Jahren ins Berufsleben einsteigen, mit 65 Jahren und damit maximal 40 geleisteten Pensionsbeitragsjahren abschlagsfrei in Pension.
Wenn man berücksichtigt, dass die „Dummen“ mit dem Beginn der Lehrlingsausbildung Pensions- und Sozialversicherungsbeiträge einzahlen sowie in weiterer Folge mit der Lohnsteuer und durch die Kaufkraft mit der Mehrwertsteuer das Bildungssystem erhalten, ist das derzeitige System eine grobe Ungerechtigkeit. Beim derzeitigen System wird von den sogenannten Pensionsexperten nur auf das Lebensalter geschaut, die geleisteten Beitragsjahre bleiben völlig unberücksichtigt. Die „Gescheiten“ zahlen von den oben angeführten Beträgen während der Ausbildungszeit nichts, im Gegenteil sie nutzen unser vorhandenes gutes Sozialsystem aus.
Von der neuen Regierung mit ÖVP und Grünen sowie Neos und Experten werden die „viel gepriesenen Hackler“ als Sozialschmarotzer gesehen. Die Gruppe der „Dummen“ soll nach deren Meinung gefälligst 50 Jahre in das bestehende System einzahlen, ansonsten ist Strafe durch Abschläge zu zahlen, damit die „Gescheiten“ wie bisher ihre Ausbildung machen können. Wenn es eine Gerechtigkeit geben würde, müssten die „Gescheiten“ mit Beginn der Berufslaufbahn zumindest die fehlenden Pensionsbeitragsjahre nachzahlen.
Die „Dummen“ haben leider keine ordentliche Interessensvertretung hinter sich. Von den Medien wird in dieser Angelegenheit auch kein Druck ausgeübt. Die ungerechte Hacklerregelung könnte mit Sicherheit vor dem EU-Gerichtshof eingeklagt werden.
Als Konsequenz für die geplante Reparatur der Hacklerregelung sollten alle Betroffenen der ÖVP, den Grünen und Neos bei allen kommenden Wahlen keine Stimme mehr geben. Von den Politikern der genannten Parteien und den Pensionsexperten hat man als Hackler sowieso den Eindruck, dass einem keine Wertschätzung entgegengebracht wird und man Staat und Gesellschaft nur mehr zur Last fällt.
CONTRA: Die angehenden Pensionisten müssten geschlossen für längeres Arbeiten plädieren. Sie wollen auch nicht das Risiko eingehen, eines Tages ohne Pension dazustehen, weil das System nicht mehr finanzierbar ist.
Auf Österreichs Junge warten spannende Zeiten. Niemand weiß heute, welche Ausbildung für die digitalisierte Welt von morgen benötigt wird. Weil sich niemand für Jobs ausbilden lassen kann, von denen wir noch nicht einmal wissen, dass es sie geben wird. Klar ist, dass die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in den nächsten 30 Jahren um 200.000 sinken und jene der über 65-Jährigen um über eine Million (!) ansteigen wird. Nun muss man nicht der Chef der Pensionssicherungskommission sein, um zu sehen, dass die Jungen vor einer Mammutaufgabe stehen. Selbst wenn künftig ein ähnlich hoher Anteil an Menschen erwerbstätig ist wie heute, werden in drei Jahrzehnten 1,29 Aktive für einen Pensionisten aufkommen müssen.
Was wir auch wissen, ist, dass es die Aktiven schon heute nicht schaffen, mit ihren hohen Einzahlungen die Pensionen der Älteren zu finanzieren. Ein Fünftel des jährlichen Bundesbudgets muss allein dafür ausgegeben werden, um das klaffende Pensionsloch zu stopfen. Gemeint ist die Differenz zwischen den Einzahlungen der Aktiven und die Auszahlungen an die Pensionisten. Der Grund: Die Bürger dieses Landes gehen viel zu früh in Pension.
Die Politik weiß das. Ungeachtet dessen wurde vor den Wahlen auf Initiative von SPÖ und FPÖ beschlossen, den Zugang zur Frühpension wieder zu erleichtern. Wer 45 Jahre eingezahlt hat, kann seit 1. Jänner wieder ohne finanzielle Einbußen in Pension gehen. Das konnte man auch schon vorher, allerdings mit 4,2 Prozent hohen Abschlägen pro Jahr.
Viele ältere Bürger halten die Neuregelung für fair, schließlich hätten sie lang genug eingezahlt, wie immer wieder zu hören ist. Hier gibt es ein großes Missverständnis: Im Schnitt zahlen die Bürger 31,5 Jahre ein und sind dann 23 Jahre in Pension. Zudem zahlt niemand für seine eigene Pension ein, sondern für die Pension der Älteren. Und wenn wir erfreulicherweise immer älter werden, müssen wir eben länger und nicht kürzer einzahlen. Wenn „Hackler“ schon nach 45 Jahren in Pension gehen dürfen, dann nur mit Abschlägen, sie bekommen ja auch eine höhere Pension.
Gerade die angehenden Pensionisten müssten geschlossen für längeres Arbeiten plädieren. Weil sie selbst das allergrößte Interesse daran haben sollten, den Jungen ein finanzierbares Pensionssystem zu hinterlassen. Sie werden nicht jeden Monat zittern wollen, ob die Pension auch tatsächlich kommt oder nicht. Ein höheres Pensionsantrittsalter ist nicht nur im Sinne der Jungen, sondern vor allem der Alten. Denn auch auf sie warten spannende Zeiten.