Im Gespräch mit Journalisten in seinem neuen, eher nüchternen Amtssitz - dem achten Stock des Bundesamtsgebäudes in der Wiener Radetzkystraße - zeigte sich Kogler am Donnerstag in aufgeräumter Stimmung. Der Minoritenplatz, wo Vorgänger Heinz-Christian Strache (FPÖ) residierte, sei ihm "mit Sicherheit zu barock", außerdem wolle er näher bei den Mitarbeitern sein.

Tatsächlich habe er bis in die Sondierungsphase hinein offengelassen, ob er wirklich ein Regierungsamt annehmen oder als Klubchef im Nationalrat bleiben solle, betonte Kogler am Donnerstagnachmittag: "Das war nie kokett." Um die Lebensqualität sei es da gar nicht gegangen, scherzte er, "die ist schon länger verloren gegangen".

Dass er jetzt - als Vizekanzler, aber auch als Minister für Beamte, Sport und Kultur - mit "gewisser Kampfbereitschaft" die grüne Hauptrolle in der Regierung spielt, liege auch an der damit verbundenen Koordinierungs- und Sprecherfunktion. Um die Augenhöhe mit seinem ÖVP-Gegenüber Sebastian Kurz dürfte es ebenso gegangen sein: "In Österreich funktioniert das so, dass das Regierungsamt, die Vizekanzlerei von höherer Funktion ist."

"Überreden musste er mich nicht."

Das Aufeinander-Zugehen mit Kurz habe bereits im Sommer während des Wahlkampfs begonnen. Direktheit und Geradlinigkeit sei im Vordergrund gestanden, beide Seiten hätte einander nichts vorgemacht. "Das Vertrauen hält so lange, so lange man keine besonders negativen Erfahrungen macht", meinte er zum Ist-Stand der Beziehung. Und generell: "Überreden musste er mich nicht."

Vor allem gehe es nun um die Koordinierungsfunktion in der Koalition, und da sei jedenfalls Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sein Gegenüber. Deshalb hätten es die Grünen nicht für sinnvoll oder notwendig gefunden, in dessen Ressort einen Staatssekretär unterzubringen. Wichtig sei das Vertrauen.

"Unfug" wird beseitigt

Für die Zusammenarbeit mit der ÖVP zeigte sich Vizekanzler Werner Kogler pragmatisch. Beim vereinbarten Krisenmechanismus gehe er davon aus, "dass das vielleicht nie schlagend wird". In welchen Ressorts die Grünen Generalsekretäre installieren werden, ließ er weiter offen. Den "Unfug", dass diese sich quasi selbst beamten können, werde man gemeinsam mit der ÖVP beseitigen.

Kritik an der Koalition, auch seitens der deutschen Grünen, ließ er nicht gelten. Es gebe sehr wohl grüne Leuchttürme, "allein entlang der ganzen Klimaschutzmaßnahmen". Auch bei Asyl und Migration habe man einiges durchgesetzt, etwa in der bilateralen Hilfe. Mit der FPÖ wäre es zudem sicher nicht möglich gewesen, sich bewusster zum Thema Arbeitsmigration zu stellen. Kogler sprach hier von einer "Kultur- und Klimaverschiebung".

Vor aber allem in Budgetfragen zeigten sich die größeren Möglichkeiten "als wenn wir von der Oppositionsbank hinaufschreien". Mit handlungsleitend sei aber auch, dass man sich in einigen Jahren den Vorwurf erspare, der da lauten könnte: "Ihr Dummen, hättet ihr das genommen, auch unter nicht günstigen Voraussetzungen, dann wäre euch die Regierung, die ihr jetzt kritisiert, erspart geblieben."

"Schon sehr abgesoftet"

Bei diversen Konfliktpunkten gab sich Kogler um Entschärfung bemüht, etwa beim Kopftuchverbot in Schulen. "Gegenüber dem, wie das ursprünglich hineingecrasht ist, ist das schon sehr abgesoftet", meinte er im Verhandlerjargon. Auch bei der Sicherungshaft würde es nur um "ganz rabiate Einzelfälle" gehen, nicht wie von der FPÖ gewünscht um ganze Personengruppen. Außerdem lese er die Passage im Pakt mit der ÖVP so, dass dies nur im Rahmen der bestehenden Verfassung gedacht sei. Die "wirkliche Rechtsschutzversicherung " sei zudem, dass die Grünen das Justizressort innehätten. Koglers Empfehlung daher: "Alle wieder runterkommen, und dann schauen wir."

Angesichts der Angriffe auf Justizministerin Alma Zadic forderte Kogler Solidarität über alle Parteigrenzen hinweg ein, "ich nehme sie aber ausreichend wahr".