Die Würfel sind gefallen. Nach stundenlangen Verhandlungen mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz tagsüber im Winterpalais in der Wiener Innenstadt ist Grünen-Chef Werner Kogler in den Samstag-Abendstunden zur Entscheidung gelangt, dass die Basis für eine türkis-grüne Koalition unter Kanzler Kurz nun endgültig vorhanden ist. Noch in den Nachtstunden lud Kogler nach Informationen der Kleinen Zeitung den grünen Bundeskongress für den 4. Jänner zu einer Sondersitzung ein, bei der Versammlung müssen die 276 Delegierten über den türkis-grünen Koalitionspakt sowie über die grüne Ministerliste abstimmen.
Skeptiker von Beginn an eingebunden
Eine Einigung gilt als sicher - aus dreierlei Gründen: Zum eine bedarf es einer einfachen Mehrheit, zum anderen hat Polit-Profi Kogler auch die Skeptiker unter den Grünen, etwa Birgit Hebein oder Sigi Maurer, von Beginn an und an strategischer Stelle in die Koalitionsverhandlungen eingebunden. Von den 276 Mitgliedern haben gut 30 bis 40 Mitglieder in den letzten Wochen mitverhandelt. Im Parteivorstand stimmten 100 Prozent für die Aufnahme von Verhandlungen mit der Kurz-ÖVP, diesmal ist ein Resultat jenseits der 90 Prozent nicht unrealistisch.
Dem Bundeskongress gehören neben 180 Delegierten aus den Ländern alle grünen Abgeordneten auf Europa-, Bundes- (Nationalrat und Bundesrat) und Länderebene (alle acht Landtage, aus dem Kärntner Landtag sind die Grünen bekanntlich rausgeflogen) an.
Präsentation am 2. Jänner
Nach Informationen der Kleinen Zeitung sollen die neue Regierung und die neuen Minister am 2. Jänner der Öffentlichkeit vorgestellt werden, zwei Tage später wird die grüne Basis über das Koalitionsabkommen entscheiden. Am 7. oder 8. Jänner soll, wie bereits berichtet, die Angelobung in der Hofburg über die Bühne gehen.
Grüne erhalten vier Schlüsselministerien
Wer der künftigen Regierung angehört, ist seit Wochen Gegenstand wilder Spekulationen. Wegen des unterschiedlichen Kräfteverhältnisses – von den Mandaten und Stimmen entfallen weniger als drei Viertel auf die ÖVP, mehr als ein Viertel auf die Grünen – stellt die ÖVP das Gros der Minister.
Nur so viel scheint klar zu sein: Die Grünen erhalten vier Schlüsselressorts: ein Superministerium, das sich um Umwelt, Verkehr und auch Energie kümmern wird, das Sozial- und Gesundheitsministerium, die Justiz und wahrscheinlich auch die Kultur. Kogler wird Vizekanzler und in Personalunion auch Sportminister.
Als Regierungsmitglieder sind bei den Grünen Eleonore Gewessler (Umwelt und Infrastruktur), Rudi Anschober (Soziales und Gesundheit), Alma Zadic (Justiz) sehr wahrscheinlich, als Staatssekretär im Finanzministerium ist der Kogler-Vertraute Josef Meichenitsch gesetzt. Die Kultur könnte Ex-Uni-Rekorenchefin Eva Blimlinger übernehmen.
Wer kommt in der ÖVP zum Zug?
Fix sind wohl Gernot Blümel (Finanz), Karl Nehammer (Inneres), Margarete Schramböck (Wirtschaft). Als Kanzleramtsministerin werden Elisabeth Köstinger und Karoline Edtstadler gehandelt, Köstinger könnte auch das abgespeckte Agrarressort, Edtstadler – als erste Frau – die Verteidigung übernehmen. Als Außenminister sind Alexander Schallenberg oder Peter Launsky-Tieffenthal im Gespräch, Lothar Lockl hat sich selbst aus dem Rennen genommen.
In Österreich beginnt ein neues politisches Zeitalter
Der bevorstehende Jahreswechsel markiert in jedem Fall eine Zeitenwende - nicht nur, weil die „Zwanziger Jahre“ über uns hereinbrechen, hoffentlich mit einem glücklicheren Verlauf als vor hundert Jahren. Fast 40 Jahre nach ihrer Gründung – übrigens in Graz im Beisein von Werner Kogler – wechseln die Grünen als fünfte Partei der Zweiten Republik – nach ÖVP, SPÖ, KPÖ, FPÖ – auf die Regierungsbank. Die Grünen sind die allererste Partei, die in der Zweiten Republik aus der Taufe gehoben wurde, ohne Vorläuferorganisation in der Ersten Republik.