Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) macht sich - wenige Tage vor Beginn des Wiener Wahljahrs 2020 - keine Sorgen um die Sozialdemokratie in Wien, so versichert er. Zwar sei man in den aktuellen Umfragen noch vom Ergebnis des Jahres 2015 (39,6 Prozent, Anm.) entfernt, er gehe jedoch davon aus, das damalige Resultat zumindest wieder zu erreichen, wie er im Interview mit der APA betonte.
Ludwig beteuerte einmal mehr, die laut Plan für den Herbst anstehenden Gemeinderats- bzw. Bezirksvertretungswahlen nicht vorziehen zu wollen: "Ich bin der Meinung, man sollte nicht aus wahltaktischen Gründen Wahlen vorverlegen." Denn noch gebe es Punkte, die man abarbeiten wolle. An der Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner findet der Stadtchef nichts auszusetzen. "In der Tat ist es so, dass die Koalition sehr gut funktioniert hat. Wir haben sehr viele der vorgenommenen Projekten gemeinsam umgesetzt."
FPÖ weiter keine Option
Über Koalitionen nach der Wahl will Ludwig weiterhin nicht spekulieren. Eine Absage erteilt er lediglich schon jetzt der FPÖ bzw. einer möglichen Liste mit Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache. Dies sei nicht nur Parteilinie, man sehe sich auch bestätigt durch die Ereignisse der vergangenen Monate.
Rot-Grün sei hingegen "sicher eine Variante", die von den Wienerinnen und Wienern sehr goutiert werde: "Aber zunächst entscheiden die Wählerinnen und Wähler, dann wird man auch sehen, was sich rechnerisch ausgeht." Ob er - nach den Zugewinnen der Grünen bei der Nationalratswahl in Wien - nicht befürchtet, dass der Partner der SPÖ Wähler abspenstig macht? "Die Sorge habe ich nicht. Ich denke, dass die SPÖ in Wien ein sehr klares Profil hat und dass klar erkennbar ist, wofür sich die Sozialdemokratie einsetzt."
In den verschiedenen Bezirken gebe es "unterschiedliche Wettbewerbssituationen". Auf diese müsse sich die SPÖ einstellen. "Man beginnt bei jeder Wahl wieder an der Startlinie. Da bin ich überzeugt, dass es uns gelingt, einen breiten Bogen zuspannen und zu zeigen, dass die Sozialdemokratie eine politische Kraft ist, die die Herausforderungen, die ja für alle Menschen in gleicher Art und Weise Gültigkeit haben, zu bewältigen."
Bei der Nationalratswahl im Herbst konnte zudem die ÖVP in Bezirken Zuwächse verzeichnen, in denen die FPÖ früher stark war. Ob dies nicht bei der Wien-Wahl wieder drohe? "Da sieht man, wie mobil Wähler geworden sind, die offensichtlich zwischen zwei, manchmal sogar drei Parteien pendeln im Lauf von verschiedenen Wahlgängen. Trotzdem möchte ich deutlich machen, dass es ein gravierender Unterschied ist, ob man eine Nationalratswahl oder eine Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl heranzieht."
Inhaltlich und auch personell gebe es dabei nämlich deutliche Unterschiede zu einer Bundeswahl. Er sei überzeugt, dass das Ergebnis der Wien-Wahl "ganz anders aussehen wird als das Nationalratsergebnis". "Das war auch in der Vergangenheit so und das wird nächstes Jahr wahrscheinlich in ganz besonderer Art und Weise sein." Auszugehen sei davon, dass die ÖVP wahrscheinlich zulegen wird: "Die haben bei der letzten Gemeinderatswahl das historisch schlechteste Ergebnis mit neun Prozent eingefahren. Dass die FPÖ mit ihren parteiinternen Schwierigkeiten nicht zulegen wird, scheint mir auch auf der Hand zu liegen. Von daher wird es für uns als SPÖ wichtig sein, dass wir unseren Weg gehen und nicht danach schielen, wie sich andere Parteien aufstellen."
Die Umfragedaten würden aktuell zeigen, dass die SPÖ noch etwas vom letzten Resultat entfernt sei: "Aber es ist bis zur nächsten Wahl in Wien noch viel Zeit, das ist ein Risiko, auch für uns, aber auch eine große Chance." Er sei überzeugt, dass das Ergebnis von 2015 wieder erreicht werden könne.
Über die nächste Regierung im Bund wolle er dann urteilen, wenn man sehe, welche Maßnahmen sie gegenüber Wien bzw. der Wiener Bevölkerung treffe: "Da waren wir mit der letzten Bundesregierung nicht sehr verwöhnt. Da hat es eine ganze Reihe von Maßnahmen gegeben, die sich unmittelbar und sehr klar gegen Wien gerichtet haben. Ich gehe davon aus und hoffe, dass die nächste Bundesregierung ein besseres Verhältnis zu Wien finden wird." Seine Hand sei jedenfalls ausgestreckt, beteuerte der Stadtchef.
Ob bei einer Regierungsbeteiligung der Grünen eine gute Zusammenarbeit mit Wien nicht ohnehin garantiert sei? Ludwig: "Das kann man so nicht sagen. Weil vor einigen Tagen ist im Bundesrat entschieden worden, mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und den Grünen, dass in Zukunft Bundeseinrichtungen verstärkt nicht in Wien, sondern in andere Bundesländern angesiedelt werden sollen. Ganz abgesehen von den ökologischen Nachteilen halte ich das natürlich für eine starke Maßnahme gegen Wien." Der Antrag habe ihn "nicht begeistert".
"Es war eine schwierige Phase"
Ludwig geht laut eigenen Angaben davon aus, dass die innerparteilichen Querelen in der Bundes-SPÖ beendet sind: "Ich hoffe, ich hab meinen Beitrag geleistet, dass sich die Situation auch in der Bundespartei stabilisiert. Es war eine schwierige Phase, nach einem Wahlergebnis das nicht gut war, das für viele enttäuschend war." Nach solch einem Resultat gebe es stets Diskussionsbedarf, zeigte er sich überzeugt.
Darüber, ob die Kritik an der Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner nach einem schlechten Abschneiden der SPÖ bei der kommenden Landtagswahl im Burgenland wieder aufflammen könnte, denkt Ludwig nicht nach, wie er beteuert. Denn: "Die Landtagswahl im Burgenland wird nicht schlecht ausgehen, davon bin ich überzeugt."
Die budgetäre Situation der Wiener Landespartei ist laut Ludwig übrigens nicht mit der eher schwierigen in der Bundespartei zu vergleichen. Man habe stets gut gewirtschaftet, erklärte er. Und er versprach: "Wir werden den Wahlkampf sehr sparsam anlegen." Die finanziellen Rahmenbedingungen für diesen seien gesetzt: "Wir sind jederzeit bereit für einen Wahlkampf, aus materiellen, wirtschaftlichen Gründen wird ein Wahlkampf für die SPÖ Wien nicht scheitern."