Offenbar sind sich Türkise und Grüne noch vor Weihnachten weitestgehend einig geworden, was die großen Brocken betrifft. Heute starten die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) mit ihren Teams in die finale Phase, und es soll nur noch eine Frage von Stunden oder Tagen sein, bis die Basis für das Koalitionsabkommen steht.

Kurz und Kogler traten vor Beginn der heutigen Verhandlungen vor die Presse. "Die Verhandlungen sind aus meiner Sicht in einer entscheidenden Phase angelangt", man werde die nächsten Tage nun weiter durchverhandeln. Er sei "optimistisch", dass eine Koalition mit den Grünen möglich sei und dass eine "starke Regierung" Anfang Jänner bereits angelobt werden könne. Es gebe nun auf beiden Seiten "keine Überraschungen mehr".

Einen genauen Zeitplan gebe es nicht, auch auf personelle Diskussionen wolle er sich noch nicht einlassen. "Das kommt dann ganz zum Schluss."

Kogler: "Spannende Tage"

Grünen-Chef Kogler sprach von "spannenden Tagen", die nun vor den Verhandlern liegen. Man verhandle und versuche zusammenzufinden, aus Verantwortung gegenüber dem Wähler". Nun brauche es ein "neues politisches Klima", wenn "zwei so unterschiedliche Parteien"zusammenfinden. Auch er gehe davon aus, "bis Mitte Jänner zu einer handlungsfähigen Regierung zu kommen", und dazu wolle man einen Beitrag leisten.

Auch er wolle sich nicht auf einen genauen Tag festlegen, an dem die Regierung stehen könnte. Inhaltlich sei jedoch "etwas weiter gegangen". Details gab er dazu nicht preis. Aber: "Wenn's schon fertig wär, würden wir jetzt fertig da stehen." Auch er gehe nicht davon aus, dass die Verhandlungen scheitern.

Über drei große Brocken wird hinter den Kulissen noch verhandelt:

Das Programm

Das Inhaltliche ist der Ausgangspunkt – das, worüber man in den zahlreichen Sitzungen der vergangenen Wochen miteinander verhandelt hat. Man müsse erst schauen, „wie aus Brocken Brücken werden“, hatte der Grüne Werner Kogler den Umstand umschrieben, dass die Programme beider Parteien zunächst einmal mehr trennte als verband.

Die Übung scheint gelungen, wobei noch nicht klar ist, ob man in allen Bereichen bereit waren, Gräben zu überwinden, oder ob einzelne Fragen einfach dem „koalitionsfreien Raum“ überlassen werden, man also bewusst in Kauf nimmt, dass es im Parlament zu einer freien Mehrheitsbildung kommt.

Über drei zentrale Themen wird hinter den Kulissen diskutiert:

Das Personal

Das Personal ist die zweite Herausforderung: Das Kabinett Kurz I war davon geprägt, dass von Sebastian Kurz diverse Fachleute an Bord geholt wurden, die nicht aus dem innersten Parteikreis stammten. Nicht alle haben sich im parteipolitischen Grabenkampf, der auch vor den lichten Höhen einer Regierung nicht Halt macht, bewährt, auch wenn sie via „message control“ politisch an der Hand zu nehmen waren.

Innerhalb der ÖVP ist zu erwarten, dass sich angesichts des Neustarts auch die internen „Bewerbungen“ häuften und so manche Teilorganisation erneut Anspruch auf Vertretung in den höheren Etagen angemeldet hat.

Die Grünen haben das umgekehrte Problem: Ihnen mangelt es schon rein zahlenmäßig an Personal. Die Verhandlungsteams waren hochkarätig besetzt, mit regierungserfahrenen Leuten aus den Ländern. Eine andere Frage ist, wer selbst bereit ist, ein Regierungsamt zu übernehmen, und woher sich deren politische Stäbe rekrutieren.

Diese Aufgabe werden beide Parteien dennoch rasch meistern (müssen). Die Personen wurden wohl zumindest in den Köpfen der Verhandler schon mit der Verteilung der Ressorts mitgedacht. Sebastian Kurz wird sein Team als Erster präsentieren. Werner Kogler muss sich auf einen „Vorschlag“ beschränken, abgesegnet wird das Team, ebenso wie der Koalitionspakt selbst, erst vom Bundeskongress, vermutlich schon am ersten Jänner-Wochenende.

Die Kommunikation

Die größte Aufgabe haben die beide Parteien noch vor sich: Das Formulieren von Botschaften, die die eigenen Funktionäre bei der Stange halten, die die Wähler nicht enttäuschen und die ein Maximum an Loyalität einfordern, ohne die beiden sehr unterschiedlichen Parteien ihrer Identität zu berauben.
„Message Control“ war die Wunderwaffe von Sebastian Kurz für Türkis-Blau. Genau deshalb wird der schlichte Durchgriff unter Türkis-Grün nicht funktionieren.