Die FPÖ hat nach mehrmaliger Ankündigung am Montag - einen Tag vor dem Heiligen Abend - ihren Historikerbericht zur Aufarbeitung der Parteigeschichte vorgelegt. Wie FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Pressekonferenz erklärte, sei der gewählte Termin weder "Schikane der Journalisten" noch "taktisches Manöver".
Hafenecker betonte, dass das Projekt "sehr ernsthaft und sehr wissenschaftlich angelegt" sei. Dass der Bericht so umfangreich sei, liege unter anderem daran, dass es "einige Themenfelder" aufzuarbeiten galt und das Projekt dadurch immer größer geworden sei.
Man habe den Bericht einer breiten Öffentlichkeit mit einer Podiumsveranstaltung zugänglich machen wollen, beteuerte Hafenecker. Zunächst habe man diesbezüglich auch "vorsichtige Zusagen" bekommen, "aber plötzlich ist niemand mehr bereit gewesen, mit uns zu diskutieren". Es habe Absagen gehagelt, so Hafenecker.
"Private Vereine"
Dass man das Thema Burschenschafter nur am Rande behandelt habe, liege daran, dass es sich dabei um private Vereine handle, in deren Archive man nicht einfach Einsicht nehmen könne, so Andreas Mölzer. Außerdem hätten sich dennoch zwei Wissenschafter dieses Themas angenommen.
Mölzer wies die nach der Präsentation aufgekommenen Vorwürfe zurück. Etwa könne keineswegs von Unwissenschaftlichkeit gesprochen werden, schließlich hätten sechs habilitierte Professoren mitgearbeitete, denen man wohl kaum diesen Vorwurf machen könnte. Auch gehe der Vorwurf der Parteinähe ins Leere, denn außer dem Vorsitzenden Wilhelm Brauneder als früheren FPÖ-Politiker und den Historikern Thomas Grischany und Lothar Höbelt hätten Wissenschafter aus anderen, nicht den Freiheitlichen nahestehenden, politischen Lagern mitgearbeitet.
In Auftrag gegeben worden war der Bericht noch unter Straches Obmannschaft - und zwar als Folge der "Liederbuchaffäre" um die Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Politikers Udo Landbauer. Die Studie sollte demnach die Geschichte des Dritten Lagers aufarbeiten und auch "dunkle Flecken" der von früheren Nationalsozialisten mitbegründeten Partei beleuchten.
Einer der Co-Autoren des Berichts, der Historiker Thomas Grischany, erklärte, dass dieser eine Reihe von Studien umfasse, die die Geschichte des freiheitlichen Lagers unter besonderer Berücksichtigung eines Naheverhältnisses zum Nationalsozialismus beleuchten. Ein solches gebe es freilich, dieses sei aber "kein großes Geheimnis und historisch erklärbar", so Grischany. Die FPÖ habe aber in ihrer Geschichte auf der inhaltlichen Ebene ein Eigenleben entwickelt. Der Bericht sei nur ein "erster Schritt" zur Aufarbeitung. Wünschenswert wären weitere Arbeiten und Diskussionen.
"Partei wie nahezu jede andere"
Anfang August hatte die FPÖ eine 32-seitige Kurzzusammenfassung veröffentlicht. Der Leiter der Historikerkommission, der frühere FPÖ-Politiker Wilhelm Brauneder, bezeichnete die FPÖ dabei als "eine Partei wie nahezu jede andere".
Von Wissenschaftern setzte es daraufhin scharfe Kritik. So ortete der Historiker Oliver Rathkolb einen Versuch der Reinwaschung, bemängelte das Fehlen wissenschaftlicher Standards und die Mitautorenschaft von FPÖ-Funktionären wie FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth und Generalsekretär Hafenecker.
Kritik beteiligter Autoren
Auch an dem Bericht beteiligte Autoren distanzierten sich von der von der FPÖ vorgelegten Zusammenfassung. So beschwerten sich der früheren SPÖ-Politiker Kurt Scholz sowie der Historiker und Jurist Michael Wladika, dass ihre Beiträge verkürzt dargestellt bzw. aus dem Zusammenhang gerissen worden seien. Wladika hatte sich mit den personellen Überschneidungen zur NSDAP befasst.
Die Präsentation des Endberichts hatte die FPÖ im Lauf des Jahres immer wieder verschoben - zuletzt weil eine dazu geplante Diskussionsveranstaltung nach Parteiangaben nicht zustande gekommen war. Für die Präsentation gewählt wurde nun eine Pressekonferenz am Tag vor Weihnachten.