Die Grünen plädieren angesichts der Affäre um Postenvergaben in den Casinos Austria und anderen öffentlichen Unternehmen für einen Untersuchungsausschuss. Parteichef Werner Kogler will dazu mit SPÖ und NEOS verhandeln, wie er im Gespräch mit der APA sagte. Ob das die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP belasten könnte, lässt er offen und will ein Transparenz- und Antikorruptionspaket erstellen.
Kogler will Postenbesetzungen im öffentlichen Bereich untersuchen – und zwar auf die Eignung der Kandidaten, auf mögliche unzulässige Einflussnahmen und auf mögliche illegale Gegengeschäfte. Der Untersuchungszeitraum soll seinen Vorstellungen nach „mehrere Jahre“ zurückreichen, um auch Vergleiche ziehen und Verbesserungsvorschläge ableiten zu können. Für die Vorbereitung des U-Ausschusses werde es einige Wochen brauchen, glaubt Kogler.
Ob es das Verhältnis zur ÖVP belasten könnte, wenn die Grünen einen Untersuchungsausschuss mit SPÖ und NEOS verhandeln, lässt Kogler offen. „Das weiß ich nicht. Wenn die SPÖ den Untersuchungsausschuss nicht machen wollen würde, würde es das Verhältnis zur SPÖ belasten“, so Kogler in Anspielung auf die abwartende Haltung der Sozialdemokraten.
Er hoffe jedenfalls, dass aus einem U-Ausschuss „echte Verbesserungen abgeleitet werden können“. Der Ausschuss könne „Chancen für einen Neustart für ein transparentes und korruptionsfreieres Österreich“ bringen.
Bei den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP will sich Kogler für ein Paket für Transparenz und „gutes Regieren“ einsetzen. „Wir finden uns in der Rolle wieder, in der Aufklärung im Parlament etwas beitragen zu können mit dem Ziel auf Besserung und Neustart in Österreich und gleichzeitig in den Regierungsverhandlungen ein Transparenz- und Antikorruptionspaket zu schnüren, wie es Österreich noch nie gesehen hat“, so der Grünen-Chef.
Neue Chats und Mails belasten Strache und Löger
Neue Chatprotokolle, Mails und SMS, die der "Presse" und dem "Falter" vorliegen, belasten insbesondere Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in der Causa Casinos. Auch bei weiteren Postenbesetzungen, etwa in der Nationalbank, wird ein Postenschacher in der türkis-blauen Vorgängerregierung aufgezeigt.
Die Betroffenen bestreiten alle Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Kommentar
Laut den Medienberichten hat sich Strache per SMS am 11. Februar 2019 bei Löger für seine Hilfe bedankt: "Lieber Hartwig!", textete Strache, "Herzlichen Dank für deine Unterstützung bezüglich CASAG! Lg HC". Löger antwortete mit einem Emoji: mit einem nach oben gestreckten Daumen.
Dem war ein Ringen um die Bestellung von Peter Sidlo als neuer Finanzvorstand der Casinos vorangegangen. Der ehemalige Casinos-Chef Alexander Labak hat laut "Falter" den Aufsichtsratspräsidenten des Unternehmens, den Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner, in einem Mail eindringlich gewarnt: "Sidlo wurde von der Novo ganz offensichtlich mit dem klaren Ziel nominiert, von der FPÖ im Gegenzug eine politische Unterstützung für die Gewährung zusätzlicher Lizenzen (zB. Online-Gaming) zu sichern."
Ein Chat Straches mit FPÖ-Parteifreunden vom Frühjahr 2019, von dem "Falter" und die "Presse" berichten, zeigt den türkis-blauen Proporz: "Bitte alle Vereinbarungen, welche mit Löger, Schmidt und co getroffen worden sind sammeln und für mich dokumentieren. Kurz will davon nichts wissen und das geht nicht. Unser Entgegenkommen bei OeNB zu FMA-neu gibt es nur, wenn wir den zweiten Vorstand sofort bekommen (...) und von den 5 Aufsichtsräten bzw. Direktoren 2 und darunter 2 Abteilungsleiter. Sonst gibt es keine FMA-Neu! Auch die Vereinbarungen ÖBAG-Neu bitte mir aufbereiten. Wir stimmen nirgend wo mehr zu wenn das nicht geklärt wird.....!!!! Das war extra vereinbart, das muss halten."
Dass die Novomatic Wünsche an die FPÖ in der Regierung hatte, ist schon kurz nach der Nationalratswahl im Herbst 2017 dokumentiert. Demnach schickte Novomatic-Chef Harald Neumann an seinen Pressesprecher Bernhard Krumpel am 6. November 2017 eine SMS: "Hello, können wir tschank treffen! Sollten etwas in die regierungsverhandlungen einbringen." Markus Tschank war in der vergangenen Legislaturperiode FPÖ-Abgeordneter. Krumpel antwortet Neumann per SMS: "Ja, er verhandelt allerdings medienbereich, wahrscheinlich brauchen wir eher finanzen." Neumann meint: "egal brauchen jemanden, der das thema kasinolizenzen einbringt!!" Tschank ist auch Vorstand des "Instituts für Sicherheitspolitik". 200.000 Euro hat Tschanks Institut laut "Falter" ein paar Tage später von der Novomatic bekommen. Ein Sprecher der Novomatic bestreitet, dass die Zahlung und die politischen Wünsche im Zusammenhang stünden.
Betreffend der umstrittenen Sidlo-Bestellung als Finanzvorstand der Casinos schreibt Strache per Whatsapp am 22. Oktober 2018 an Neumann: "Sehr geehrter Herr Neumann. Hätte das Ersuchen um einen möglichen Nachfolgekandidaten für Herrn Hoscher, welchen wir mit Ihnen besprechen wollen!". Sidlo wird laut "Falter" per SMS vom 19.November 2018 bei Neumann vorstellig: "Sehr geehrter Herr Mag. Neumann, der Herr Vizekanzler hat mir gesagt, ich möge mich mit Ihnen betreffend Casinos Austria AG in Verbindung setzen."
Ex-FPÖ-Bezirksrat Sidlo wendet sich laut "Falter" an Strache am 16.1.2019: "Könnte sein, dass sich Egon Zehnder (Headhunter) bei dir meldet bzgl Referenz für mich. Dann erzähl ihm halt, wie toll ich bin." Strache antwortet: "Ok! :-) Was soll ich ihm beruflich erzählen?" SMS Sidlo an Strache: "Ich denke es geht eher in Richtung Managementqualitäten. Teamorientiert, werteorientiert, verbindlich, verlässlich, loyal durch die Politik Menschenkenntnis und Verhandlungsgeschick, kann Teams führen (z.B. Klub im Bezirk). Sonst Finanzfachmann, den die Partei schon öfter für Budget oder Finanzierungsthemen um Rat gefragt hat." Strache schickt ein Emoji: einen nach oben gereckten Daumen.
Strache wendet sich an Finanzminister Hartwig Löger: "Lieber Hartwig. Bezüglich Casino-Vorstand ist Peter Sidlo auf Schiene? Danke für Deine Unterstützung!" Und er fragt auch beim Novomatic-Boss Neumann nach: "Sg Herr Neumann, lieber Harald! Bezüglich Peter Sidlo kann ich mich auf dein Wort verlassen und ist alles auf Schiene?"
Löger, Novomatic-Eigentümer Johann Graf und Neumann trafen einander laut Berichten am 31. Jänner im Novomatic Forum. Zur Vorbereitung verschickte Thomas Schmid, damals Lögers Kabinettschef, per Whatsapp an Neumann ein abfotografiertes Schreiben aus dem Finanzministerium. Es geht darin um neue Casino-Lizenzen und darum, dass man dafür ein neues Gesetz brauche. Nach dem Treffen am 31. Jänner schreibt Neumann an Schmid: "War ausgezeichnet :)) Schönen Abend!"
Einen Tag später ruft Löger bei Rothensteiner an, Aufsichtsratschef der Casinos Austria AG. Der hält - wie bereits bekannt - fest: "Löger hat mit Graf konferiert, der hat irgendeinen Hintergrund Deal mit den Blauen. Daher ist Sidlo ein Muß. Alternativkandidat von Neumann gibt es nicht mehr, Graf will es nicht." Und er warnt offenbar auch den Minister: "Habe Löger gesagt, dass ich damit eigentlich meine Funktion überdenken muß. Versteht er, bittet mich, ihn zu verstehen. Er wird mit Pröll reden." Casinos-Aufsichtsratsvorsitzenderstellvertreter Josef Pröll und Rothensteiner sollen nun beschlossen haben, den anderen Aufsichtsratsmitgliedern die Informationen über die mangelnde Eignung Sidlo aus dem Headhunter Gutachten nicht weiterzugeben, aus "Datenschutzgründen".
Für die Staatsanwaltschaft ist das belastend: "Da DI Pröll trotz dieses Wissens bei den relevanten Abstimmungen zunächst gegen die Weitergabe des vollständigen Berichts an den gesamten Aufsichtsrat und später für Mag. Sidlo stimmte, muss auch er sachfremde Motive für diese anders nicht nachvollziehbare Entscheidung gehabt haben", heißt es in einem Durchsuchungsbefehl. Es wäre, so die Anklagebehörde, "völlig lebensfremd anzunehmen, dass derartige Vorgänge ihm nicht von seinen engen Vertrauten aus der Politik mitgeteilt worden wären", zitiert der "Falter".
Der Aufsichtsrat, argumentiert die Staatsanwaltschaft, habe "in unvertretbarer Weise gegen jene Regeln verstoßen", die dem Vermögensschutz der Casinos dienen. Hartwig Löger habe sich "von sachfremden Motiven" leiten lassen und sein Amt missbraucht, indem er Sidlos Bestellung zustimmte. Sein Prüf- und Aufsichtsrecht als Minister sei "kein bloß abstraktes Recht, sondern ein konkretes subjektives Recht des Staates". Er habe sich aber von "parteitaktischem Kalkül" leiten lassen und das seien "gesetzesfremde Erwägungen". Strache und sein blauer Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs hätten zu alledem beigetragen und der Vizekanzler habe sich mit dem Job Sidlos bestechen lassen.