Die Grünen sind zu konkreten Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP bereit. Der erweiterte Bundesvorstand (EBV) hat dies am Sonntagnachmittag einstimmig beschlossen, berichtete Bundessprecher Werner Kogler danach in einer Pressekonferenz.
Dies sei auf seinen Vorschlag erfolgt, sagt Kogler. Er sprach vom Versuch, Gräben zuzuschütten. "Unsere Hand zur ÖVP ist damit ausgestreckt", so der Bundessprecher. "Wie das ausgeht wissen wir nicht." Kogler sprach angesichts der Verhandlungen über eine erste türkis-grüne Koalition im Bund von"Pionierarbeit": "Jetzt ist das natürlich ein Wagnis, aber wir wollen diesen Schritt wagen."
Meinung
Kogler machte dabei aber auch klar, dass seine Partei nicht zögern würde, vom Tisch aufzustehen, wenn es Versuche geben würde, schwarz-blaue Politik mit grünem Mascherl zu machen. Dies sei 2003 so gewesen und er dabei gewesen. Gleichzeitig betonte Kogler aber, dass eine allfällige Zusammenarbeit viele Kompromisse erfordern werde. Diese dürften dann nicht denunziert werden.
Denn es mache einen Unterschied, ob eine Mitte-Rechts-Partei (wie die ÖVP) mit einer rechtsrechten Partei (wie der FPÖ) oder mit denen Grünen koaliere. Zweiterer Fall würde ein ganze anderes Bild Österreichs auch in Europa ergeben. Mit den Grünen würde auch eine pro-europäische Orientierung hierzulande sicher gestellt.
Vereinbarung von Ökologie und Ökonomie
Zu den wichtigen Punkten einer allfälligen Regierung zählt für den Bundessprecher die Vereinbarung von Ökologie und Ökonomie. Österreich könnte zu den Vorreitern im Klimaschutz werden. Zudem könnten Schritte gegen die Kinderarmut und ein Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg gebracht werden.
Kogler erinnerte daran, dass schon seit dem Bundespräsidenten-Wahlkampf Gräben aufgerissen worden und noch immer nicht ganz zu seien: "Wir wollen einen Beitrag leisten diese Gräben zu überwinden." Daher schaue man nun, ob es sich ausgehe. Freilich schließt Kogler eine Neuauflage von Türkis-Blau weiter nicht aus.
Ministerien-Verteilung noch kein Thema
Über kritische Stimmen im EBV wollte Kogler nicht viel sagen. Er sei selbst eine kritische Stimmen. Rote Linien seien ihm von seinen Parteifreunden nicht vorgegeben worden. Über die Verteilung der Ministerien habe man bei den Sondierungen mit der ÖVP noch gar nicht gesprochen, dementierte er erneut entsprechende mediale Spekulationen.
Ein Verhandlungsteam der Grünen wird es vermutlich erst am Dienstag geben. Davor muss ja noch (am Montag) die ÖVP grünes Licht für Koalitionsverhandlungen geben.
Wie lange die Verhandlungen dauern, darüber wollte der Grüne Bundessprecher nicht spekulieren. So schnell wie möglich, aber so lange als notwendig würden die Gespräche dauern. Denn die Verhandlungen hätten einen offenen Ausgang, man arbeite jedoch auf einen erfolgreichen Abschluss hin: "Das kann seine Zeit brauchen."
Wahlkampfleiter jetzt Generalsekretär
Der bisherige Wahlkampfleiter Thimo Fiesel wurde zum Generalsekretär der Partei gekürt. Fiesel ist gebürtiger Deutscher aus Baden-Württemberg (geboren 1983 in Eberhardzell) und fungierte seit 2016 als Landesgeschäftsführer der Tiroler Grünen. Bei der EU-Wahl und im gleich danach beginnenden Nationalrats-Wahlkampf organisierte Fiesel als Wahlkampfleiter die grüne Kampagne. Mit Ende Oktober wechselte der Vater dreier Kinder fix zur Grünen Bundespartei.