Heute wird der ehemalige und vermutlich auch künftige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seine Sondierungsgespräche fortsetzen. An der Reihe sind Grüne und Neos, und die Gespräche mit ihnen werden sich über mehrere Runden erstrecken, kündigte Kurz bereits an. Man kenne sich auch persönlich noch nicht so gut, „daher wird das länger dauern“.
Mit der SPÖ war es am Donnerstag nur ein knapper Austausch: Die Chefin der Sozialdemokraten, Pamela Rendi-Wagner, kündigte danach an, sie stehe für keine weiteren „Sondierungsgespräche“ mehr zur Verfügung. Die SPÖ sei aber bereit, in ernsthafte und exklusive Verhandlungen mit der ÖVP einzutreten.
Grundsätzlich dürfte das Gespräch in guter Atmosphäre verlaufen sein. Man war sich darüber einig, „dass es von beiden Seiten die Bereitschaft braucht, Dinge zu vergessen“, wie es Kurz im Anschluss daran ausdrückte. Die Themen, die Rendi-Wagner wichtig sind: die steuerliche Entlastung arbeitender Menschen, das leistbare Wohnen und die Bekämpfung von Kinderarmut.
Statements nach dem Sondierungsgespräch ÖVP und Grüne bzw. vor den Gesprächen ÖVP und Neos - Die APA überträgt ab 12.30 Uhr:
Die SPÖ begibt sich also in die Warteschleife, wenngleich auf einer näheren Umlaufbahn als die FPÖ, die sich ja auch wieder ins Spiel gebracht hat. Als Favorit für ernsthafte Koalitionsverhandlungen werden derzeit aber eher die Grünen gehandelt.
Werner Kogler machte sich bereits am Dienstag zum weiteren Sondieren bereit und benannte ein fünfköpfiges Verhandlungsteam, das mit ihm in die Gespräche zieht. Mit dabei die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein, ein Signal dafür, dass von Anfang an ein Verhandlungsergebnis ins Auge gefasst wird, das eine Chance hat, auch von der weiter links angesiedelten Basis mitgetragen zu werden.
Kogler nimmt es nicht so genau mit dem Unterschied zwischen „Sondierungen“ und „ernsthaften Koalitionsverhandlungen“ – wichtig ist ihm nur, dass es „echte Sondierungen“ und keine „Ehrenrunden“ sind. ÖVP und Grüne müssen einander zweifellos noch besser kennenlernen, um allfällige Risken einer Regierungspartnerschaft abschätzen zu können.
Laut einer Umfrage des Research Affairs Instituts für die Zeitung „Österreich“ plädieren bereits 29 Prozent der Befragten für eine türkis-grüne Koalition, 28 Prozent für eine Fortsetzung von türkis-blau, nur 13 Prozent für ein Aufleben der „großen“ Koalition.
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger will jedenfalls türkis-blau und türkis-rot verhindern. Sie steht aber als Mitspielerin für türkis-grün zur Verfügung, obwohl es diese Parteien auch ohne Neos auf eine Mehrheit bringen.
Für den Fall, dass es doch zu einer SPÖ-ÖVP-Koalition kommt, wird sie Kurz aber heute ein Angebot unterbreiten: Die Neos wären bereit, wichtige Reformen, zu denen es einer Verfassungsmehrheit bedarf (zwei Drittel), gemeinsam mit SPÖ und ÖVP auf den Weg zu bringen.
Claudia Gigler