Gerade einmal zwei Jahre lang, 2018 und 2019, wird Österreichs Politik es geschafft haben, mit dem Steuergeld der Bürger auszukommen. 2020 soll diese Phase schon wieder vorbei sein: Dann werden die öffentlichen Hände (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen) zusammen wieder mehr ausgeben, als sie einnehmen – und zumindest der Bund wird wieder Schulden machen.
Wie das Finanzministerium am Dienstag nach Brüssel gemeldet hat, wird die bisherige Annahmen nicht halten, Österreich könnte auch nächstes Jahr wieder einen Überschuss erwirtschaften. Schuld daran sind zwei Tatsachen: Zum einen die Wirtschaft, die deutlich schwächer wachsen dürfte als noch in den vergangenen Jahren - rund 600 Millionen Euro weniger als bisher erwartet wird der Bund dadurch einnehmen, schätzt das Ministerium.
Den deutlich größeren Brocken machen aber die Beschlüsse aus, die der koalitionsfreie Nationalrat während des „freien Spiels der Kräfte“ in den vergangenen Monaten gefasst hat. Zusatzkosten von einer Milliarde Euro werden dem Bund daraus entstehen, hat das Finanzministerium errechnet – allein 400 Millionen Euro mehr als vorab geplant für die weit über der Inflation angesetzte Erhöhung der meisten Pensionen, 196 Millionen für die Abschaffung des Pflegeregresses (beschlossen von allen Parteien außer Neos), 100 Millionen für die abschlagsfreie Pension bei 45 Beitragsjahren sowie die Abschaffung der Wartezeit auf Pensionserhöhungen (SPÖ und FPÖ), und so weiter.
Das hat zur Folge, dass die Ausgaben der Republik deutlich wachsen. Das tun zwar auch die Einnahmen – 2,9 Prozent mehr als heuer dürfte Österreich 2020 einnehmen – sie wachsen aber weniger stark als erwartet.
Unterm Strich rechnet Finanzminister Eduard Müller nächstes Jahr mit einem Defizit von 1,2 Milliarden Euro. „Im Budgetplan 2020 sieht man zwei Effekte sehr deutlich: Zum einen den Konjunkturabschwung und zum anderen die teuren Parlamentsbeschlüsse von Juli und September. Damit endet die Trendumkehr und 2018 und 2019 bleiben vorerst die einzigen Jahre mit einem gesamtstaatlichen Überschuss“, so Müller, der bereits vor den letzten Nationalratssitzungen vor neuen Ausgaben gewarnt hatte. „Den Spielraum für die Herausforderungen der kommenden Jahre werden wir uns wieder hart erarbeiten müssen“, so der Finanzminister in einer Aussendung.
Kritik an der Politik der vergangenen Monate kommt auch vom liberalen Thinktank Agenda Austria: „Bei den aktuell hohen Steuereinnahmen ist jedes Defizit zu viel. Wieder einmal zeigt sich, dass die Republik kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat“, sagt Ökonom Lukas Sustala zur Kleinen Zeitung. Die Parteien hätten auf Steuerkosten Wahlkampf gemacht; „dieses Geld fehlt nun für die Steuerentlastung der Arbeitnehmer.“
Georg Renner