Die Zahl der Personen, die Mindestsicherung beziehen, ist im Jahr 2018 erstmals seit 2012 wieder geschrumpft. Das teilte die Statistik Austria am Freitag mit. Nach starken Zuwächsen bis 2016 und einer Stagnation im Jahr 2017 bezogen 2018 mit 289.646 Personen um 5,9 Prozent weniger Menschen die Mindestsicherung als im Jahr davor. Knapp die Hälfte aller Bezieher waren österreichische Staatsbürger.
Der Rückgang der Mindestsicherungsbezieher war mit Ausnahme von Kärnten in allen Bundesländern zu beobachten und reichte von minus 3,3 Prozent in Vorarlberg bis minus 13,7 Prozent im Burgenland. In Wien betrug der Rückgang minus 4,7 Prozent. Insgesamt hatte die Bundeshauptstadt die höchsten Bezugszahlen, 63 Prozent der Personen mit Mindestsicherungsbezug wohnten dort.
Höchste Quote in Wien
Wien hatte auch die höchste Bezugsquote: Insgesamt 7,5 Prozent der Einwohner bezogen dort Mindestsicherung. In Vorarlberg waren es 1,9 und in Tirol 1,7 Prozent. Am niedrigsten war die Mindestsicherungsquote im Burgenland und in Kärnten (jeweils 0,8) sowie in Oberösterreich (0,9). Der Bundesländerdurchschnitt betrug 2,5 Prozent.
Nur acht Prozent der Personen mit Mindestsicherungsbezug waren erwerbstätig. Sie hatten also ein so geringes Einkommen, dass sie zusätzlich Mindestsicherung beziehen mussten. Von den nicht erwerbstätigen Personen standen 39 Prozent dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung, der Rest war entweder noch in der Schule, in Pension, arbeitsunfähig oder mit Kinderbetreuung beschäftigt.
Größte Gruppe sind Kinder
Die größte Personengruppe in der Mindestsicherung waren Kinder mit einem Anteil von 36 Prozent. Einen überdurchschnittlich hohen Kinderanteil hatten Tirol (44 Prozent) und Oberösterreich (41). Die meisten (80 Prozent) wurden im Rahmen der Mindestsicherung unterstützt, der Rest lebte in Familien ("Bedarfsgemeinschaften") mit Mindestsicherungsbezug, erhielt aber keine Hilfe aus diesem System, weil der Bedarf von anderer Seite (vor allem durch Unterhaltszahlungen) gedeckt war. Werden auch die nicht unterstützten Kinder in die Zählung miteinbezogen, lebten im Verlauf des Jahres 2018 insgesamt 310.716 Personen zumindest einen Monat lang in einer der insgesamt 172.447 Bedarfsgemeinschaften mit Mindestsicherungsbezug.
Schockiert von Zahlen
"70.000 Kinder leben in Familien mit Mindestsicherung", zeigte sich die Teilnehmer der Armutskonferenz am Freitag schockiert von den aktuellen Zahlen der Statistik Austria. Die starke Benachteiligung der Kinder werde deutlich sichtbar - mit allen negativen Auswirkungen auf Zukunftschancen, Bildung und Gesundheit. "Unser Ziel muss sein, Existenz und Chancen zu sichern, nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben", stellte das Netzwerk aus Sozialeinrichtungen, Selbsthilfegruppen und Hilfsorganisationen Österreichs angesichts der zuletzt beschlossenen Kürzungen fest.
47 Prozent Österreicher
Weniger als die Hälfte (47 Prozent) der Bezieher 2018 hatte die österreichische Staatsbürgerschaft. 40 Prozent der Personen in Mindestsicherung kamen aus Drittstaaten, sieben Prozent waren EU-/EWR-/Schweizer Staatsangehörige. Bei des restlichen fünf Prozent ist die Staatsangehörigkeit nicht bekannt bzw. sind sie staatenlos. 35 Prozent der Mindestsicherungsbezieher hatten einen Status als Asylberechtigte (31) oder subsidiär Schutzberechtigte (4).
Länger als ein halbes Jahr
Der Großteil der Leute bezog die Mindestsicherung länger als ein halbes Jahr. 70 Prozent erhielten im Jahr 2018 länger als sechs Monate Mindestsicherung, 14 Prozent wurden vier bis sechs Monate, die restlichen 16 Prozent maximal drei Monate lang unterstützt. Während in Wien mehr als drei Viertel der Personen länger als ein halbes Jahr im Leistungsbezug standen, waren es im übrigen Österreich maximal zwei Drittel. Dementsprechend lag die durchschnittliche Bezugsdauer in der Bundeshauptstadt mit 9,3 Monaten deutlich über jener der anderen Bundesländer.