Nach der Wahl ist vor der Wahl. Wer meint, nach dem Wahlsonntag einmal durchschnaufen und allenfalls für ein paar Wochen das Weite suchen zu können, der irrt. Am Montag und am Dienstag werden die Parteien intern die Wahlergebnisse beraten. Bei den Siegern wird die Stimmung eine fröhliche sein, bei den Verlierern mag es sogar zu sehr harten Bandagen, bis hin zu personellen Revolten kommen - abhängig vom Minus am Wahlabend.
Dienstagvormittags verlagert sich das Geschehen ins Kanzleramt und in die Hofburg. Alten Usancen zufolge wird die Regierung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein dem Bundespräsidenten den Rücktritt anbieten, dazu bedarf es eines Ministerrats, der zuvor im Kanzleramt tagt. Alexander Van der Bellen wird die Kanzlerin und ihr Team mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betrauen.
Offizielles Endergebnis erst am Donnerstag
Wie es dann im Detail weitergeht, hängt in erster Linie - welch Überraschung - vom Wahlergebnis ab. Zwar werden am Montag schon die meisten Wahlkarten ausgezählt sein, das endgültige und offizielle Endergebnis liegt erst am Donnerstag vor, an dem Tag kommen die restlichen Wahlkarten dran.
Die große offene Frage ist freilich, wann die Koalitionsgespräche starten. Ex-Bundespräsident Heinz Fischer ließ sich 2006, 2008 und 2013 jeweils zehn Tage Zeit. 2006 erhielt Alfred Gusenbauer, 2008 und 2013 Werner Faymann den Regierungsbildungsauftrag zehn Tage nach dem Wahlsonntag. Van der Bellen hatte es eiliger, Sebastian Kurz bekam ihn 2017 nach fünf Tagen.
Informell ist davon die Rede, dass der Wahlgewinner frühestens am kommenden Freitag, sehr wahrscheinlich erst kommende Woche mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Wie es dann weitergeht, wie lang sondiert wird, wann der Moment gekommen ist, um mit einem - oder gar zwei - Partnern in konkrete Koalitionsverhandlungen zu treten, ist völlig offen. Und das Jahr 2000 lehrt, dass auch nach dreimonatigen Dauerverhandlungen die Karten völlig neu gemischt werden können. Damals scheiterte Viktor Klima an der Regierungsbildung, der Drittplatzierte, Wolfgang Schüssel, machte schließlich das Rennen.