Gerade erst war wieder Ruhe bei der FPÖ eingekehrt. Das Thema Ibiza trat zusehends in den Hintergrund und Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache verhielt sich ruhig, wie es ihm aufgetragen war. Doch nun, wenige Tage vor der Wahl, braut sich ein neuer Sturm zusammen – in dessen Auge wieder das blaue Sorgenkind Strache steht. Und mit ihm sein ehemaliger Leibwächter.
Was ist passiert? Am Montag wurde durch einen Medienbericht bekannt, dass die Wiener Landespartei Strache ein Spesenkonto im Wert von 10.000 Euro monatlich gegönnt haben soll. Auch ein Mietzuschuss in Höhe von 2.500 Euro wurde ihm gewährt, bestätigte die Wiener FPÖ. Zwischen 2014 und 2018 soll Strache der Partei zusätzlich private Rechnungen zur Bezahlung vorgelegt haben – für Kleidung, Restaurantbesuche und Co. Nun steht der Vorwurf der Untreue im Raum. Auch Straches Frau Philippa könnte im Visier der Justiz sein, Berichte über Rechnungen für Luxustaschen wurden kolportiert. Gemeinsam mit dem Gehalt seiner Frau sollen dem Ehepaar Strache bis zum Rücktritt des Ex-Vizekanzlers laut Berichten überschlagsmäßig 42.000 Euro im Monat zur Verfügung gestanden sein. Die Wiener FPÖ kündigte eine interne Sonderprüfung der Zahlungen an.
Leitartikel von Thomas Götz
Beweise für diesen Umstand soll indes Straches früherer Leibwächter über Jahre gesammelt haben, um damit seinen ehemaligen Chef nach einem Zerwürfnis 2013 zu erpressen. In der Nacht auf Dienstag wurde eine Hausdurchsuchung bei ihm durchgeführt, unmittelbar danach wurde er verhaftet.
Verbindung zu Ibiza-Video?
Pikant: Der Sicherheitsmann könnte in Verbindung zum Ibiza-Video stehen. Er soll die angeblichen Beweise Justiz und Medien schon vor Jahren gegen Geld angeboten haben. Als nichts geschah, soll die Idee zum Ibiza-Video gekommen sein, wie einige Medien berichten. Erhärtet wird dieser Verdacht dadurch, dass der Mann schon 2015 Kontakt zu jenem Wiener Anwalt gehabt haben soll, der Drahtzieher des Videos sein soll. Der Vorstand der Wiener FPÖ beschloss indes den sofortigen Parteiausschluss des Ex-Leibwächters, der sogar Bezirksrat war. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien, eine offizielle Bestätigung der Berichte gibt es nicht.
Zu Straches üppigem Spendenkonto will sich in der FPÖ niemand offiziell äußern. So richtig zu überraschen scheinen die Berichte aber die wenigsten. Es sei schließlich allseits bekannt gewesen, dass „der Heinzi nicht schlecht gelebt hat“. Dass die FPÖ für die Essenseinladungen ihres damaligen Chefs aufkomme, sei zudem auch in jeder anderen Partei so. „Die geben das vielleicht nur nicht zu“, sagt ein Funktionär. Aber: Über den Umfang des Geldes, das Strache zur Verfügung gestanden sein soll, zeigen sich viele FPÖler verärgert. Eine genaue Summe will niemand gekannt haben. „Solche Dinge machen sich die Leute bei uns immer direkt aus“, heißt es. Pikant ist die Sache übrigens auch deshalb, weil sich Strache bei der Übernahme der FPÖ 2005 selbst über die Ausgaben der beiden FPÖ-Chefs Susanne Riess und Jörg Haider empört hatte.
Droht Strache Rauswurf auf Partei?
Ihr langjähriger Chef zerrt die FPÖ damit ein weiteres Mal ungewollt ins Rampenlicht – und das kurz vor der Nationalratswahl und der Frage, ob sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz auf eine Neuauflage von Türkis-Blau einlassen will. Die Stimmen innerhalb der Partei, die einen Ausschluss Straches fordern, werden damit lauter. Wie der „Kurier“ berichtet, geistert bereits der Plan herum, Strache schon in der Woche nach der Wahl aus der Partei zu werfen. Erst danach, um eine öffentliche Eskalation zu vermeiden. Dennoch wird befürchtet, dass der in Ungnade Gefallene mit einer eigenen Liste bei der Wien-Wahl im kommenden Jahr antreten und der FPÖ damit empfindlich schaden könnte. Straches Nachfolger Norbert Hofer stellte am Abend in einem Video klar, alle Vorwürfe genau prüfen zu wollen – und warnte vor einem „kriminiellen Netzwerk“ hinter den Anschuldigungen, das die FPÖ vernichten wolle.
So gehen die anderen Parteien mit Spesen um
ÖVP - Kaum Rechnungen
Auch bei der ÖVP reagiert man mit energischem Kopfschütteln auf die Frage nach einem eigenen Spesenkonto für ihren Spitzenkandidaten und Parteichef Sebastian Kurz. Es gebe kein solches Konto, sehr wohl aber die Möglichkeit, Rechnungen von offiziellen Arbeitsessen, beispielsweise mit anderen Klubobleuten, einzureichen. Aus der Partei heißt es, dass Kurz jedoch ohnehin äußerst selten Rechnungen einreiche. Solche für die Rückerstattung von Fahrtkosten seien auch kein Thema. Das liegt aber auch daran, dass Kurz einen eigenen Chauffeur zur Verfügung hat. Private Taxirechnungen werden laut Partei aber stets selbst beglichen.
Ausgaben für Anzüge, Frisur oder sonstige „Äußerlichkeiten“ werden von der Partei nicht als Spesen abgegolten. Lediglich bei den absolvierten Wahlkampftouren durch Österreich sei ein Visagist dabei gewesen, für den die Partei ohnehin aufgekommen sei.
Laut ÖVP beziehe Parteichef Kurz aktuell zudem kein Gehalt von der Partei, weil er keine Funktion im Parlament ausübe. Damit stehen ihm auch keine Abgeordneten-Spesen zu, die maximal 550 Euro im Monat ausmachen.
SPÖ - Essen und Taxi erstattbar
Laut SPÖ stehe auch Parteichefin Pamela Rendi-Wagner kein Spesenkonto zur Verfügung. Ist sie für die Kosten eines Arbeitsessens aufgekommen, bekommt sie das Geld von der Partei rückerstattet – aber nur gegen Vorlage der Rechnung, wie man dort betont. Auch die ein oder andere Taxirechnung werde abgegolten. Für die Kosten für Kleidung, Friseur und Co. komme die Spitzenkandidatin aber selbst auf. Lediglich im Wahlkampf – „mit vier High-Definition-Fernsehinterviews pro Tag“ – werde auf eine Visagistin zurückgegriffen, die mit Rendi-Wagner unterwegs ist. Und auch bei „besonderen Anlässen“ wie einem Parteitag sei hier entsprechendes – von der Partei finanziertes – Personal im Einsatz.
Neos - Kaum Rechnungen eingereicht
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger reiche „allerhöchstens einmal eine Taxirechnung“ ein, heißt es aus ihrer Partei. Ein Spesenkonto habe sie nicht. Für Kleidung, Frisur, aber auch für Essenseinladungen komme die Spitzenkandidatin zudem selbst auf. Die Neos verweisen hier auf ihre im Internet einsehbaren Ausgaben und damit auf ihre Transparenz. Meinl-Reisinger verzichte laut Partei zudem auf einen Chauffeur, der den Klubobleuten eigentlich zustünde.
Liste Jetzt - „Discobesuche gibt es keine“
Wer Dienstnehmer oder Vorstand bei der Liste Jetzt ist, kann geschäftliche Fahrten mit dem Taxi einreichen und bekommt sein Geld zurück. Und auch die Kosten für das Essen bei Gremientreffen oder bei Terminen werden übernommen. „Sonst gibt’s nichts – und schon gar keine Discobesuche“, heißt es aus der Partei. Für andere Ausgaben ist privat aufzukommen, auch für Parteichefin Maria Stern und Spitzenkandidat Peter Pilz gebe es hier keine Ausnahmen.
Die Grünen - Einst Spesenkonto für alle
Als die Grünen im Nationalrat saßen, gab es laut Partei ein gemeinsames Spesenkonto für alle Abgeordneten. 5000 Euro hätte jeder pro Jahr für Transport, Übernachtungen und Bürobedarf zurückfordern können, Verpflegungsrechnungen waren mit 50 Euro gedeckelt. Ausgeschöpft habe das aber niemand. Mit dem Rauswurf der Grünen hat sich das geändert – das Spesenkonto gibt es nicht mehr. Nur Parteichef Werner Kogler darf Taxirechnungen einreichen, wenn die Fahrt einem Termin diente. Bewirtungen muss er selbst zahlen, ebenso Ausgaben für Kleidung und Frisur. Parteigeld gibt es nur in Notfällen – etwa, wenn er vor einem TV-Termin einen Fleck auf seinem Hemd hat, heißt es aus der Partei.