Die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP), Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ) bestritten am Montagabend ihre jeweiligen Rededuelle im Privatfernsehsender Puls 4. Dabei gab es viel wechselseitige Kritik, aber auch manche Übereinstimmung.
Hofer hofft auf Türkis-Blau
Eher harmonisch verlief die Begegnung Kurz vs. Hofer. Die Frage, ob es "rote Linien" für eine künftige ÖVP-FPÖ-Koalition gebe, beantwortete Hofer so: "Ich führe sicher keine Koalitionsverhandlungen im Privatfernsehen. Jede Partei wird Punkte haben, wo es schwierig wird, sich zu einigen. Aber ich hoffe, es gelingt."
Kurz verwahrte sich dagegen, dass immer nur die ÖVP für ihre "Koalition mit Rechts" gescholten werde: "Als der Linkspopulist Alexis Tsipras (in Griechenland, Anm.) mit Rechtsaußen-Nazipolitikern koaliert hat, war das kaum ein Thema in Europa. Da gibt es eine unterschiedliche Lautstärke."
Ein Staatsmann knüpft Kontakte
Angesprochen auf seine Kontakte zu Viktor Orban wies Hofer seinerseits die mediale Kritik zurück: "Kritik daran ist absurd. Ein Staatsmann hat die Aufgabe, gute Kontakte zu anderen Ländern zu knüpfen. So, wie auch Präsident Alexander Van der Bellen nach China gereist ist."
Kurz: "Wer Rendi-Wagner will, soll sie wählen"
Kurz wurde auch gefragt, was er zu den Warnungen der FPÖ sage, er, Kurz, könne "ohne FPÖ nach links kippen". Antwort: "Jeder sagt halt das, wovon er glaubt, dass es am meisten Wähler mobilisiert." Dann richtete der Ex-Kanzler seinerseits einen Appell ans Volk: "Jeder soll schlicht und ergreifend den wählen, den er wählen möchte." Das könne er selbst sein oder eben Hofer oder auch Rendi-Wagner: "Wer sie unterstützen will, der soll sie wählen."
Im Duell Rendi-Wagner gegen Hofer war es nur ganz zu Beginn freundlich: Der FPÖ-Chef überreichte einen Thermengutschein an die SPÖ-Chefin, die sich ihrerseits mit einem Inbusschlüssel-Set für den Mountainbiker Hofer ("Vor zwei Tagen war ich biken") revanchierte.
"Sie schüren Ängste"
Dann ging es rasch zur Sache: Rendi-Wagner attackierte Hofer. "Sie schüren Ängste, das schafft Destabilität, das spaltet die Gesellschaft. Aber das ist wahrscheinlich Teil Ihres Kalküls." Darauf der Konter des FPÖ-Chefs: "Wenn wir warnen, dann ist es Angstmache. Aber wenn andere warnen vor den Folgen des Klimawandels, dann ist es verantwortungsvoll und wichtig." Das sei ungerecht. Vielmehr solle man "die Dinge, die eintreten können, befreien vom ideologischen Mascherl".
"Gusenbauer fragen"
Pensionen und Migration waren weitere Themen des rot-blauen Duells. Als Rendi-Wagner ihr Modell einer Vermögenssteuer propagierte ("Nur zwei Prozent der Bevölkerung wären betroffen, wir brauchen das Geld, um die vielen Aufgaben zu bewältigen"), verwies Hofer auf die großen Unterschiede in der Steuerpolitik. Die SPÖ wolle lauter neue Steuern, nämlich "Schnitzelsteuer, Luftsteuer, Sterbesteuer, Vermögenssteuer". Hofer weiter: "Ich werde mit dem Gusenbauer (Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer, Anm.) darüber reden, ob er mehr zahlen will." Die FPÖ jedenfalls wolle die Steuern senken.
"I love Vienna"
Zum Abschluss folgte in ziemlich ruppiger Weise die Paarung Kurz gegen Rendi-Wagner. Die SPÖ-Chefin schenkte dem Ex-Kanzler eine Schneekugel, Mannerschnitten und ein T-Shirt mit dem Aufdruck "I love Vienna". Er überreichte wiederum an sie zwei Bücher "über Meidling und das Waldviertel, ich bin in beiden Gegenden aufgewachsen, so einfach ist das". Über die Waldviertel-Herkunft des Kanzlers kam es später noch zu einem neuerlich heftigen, aber völlig fruchtlosen Wortgefecht.
Kurz kam zunächst auf "fundamentale Unterschiede" im Politikverständnis zu sprechen. Die ÖVP sei etwa "gegen illegale Zuwanderung, für Deutschklassen, für einen attraktiven Wirtschaftsstandort". Außerdem sei die ÖVP "für Steuerentlastungen und nicht für ständige Steuererhöhungen".
Widersprüche - oder doch nicht?
Rendi-Wagner rückte andere Unterschiede in den Mittelpunkt: Die SPÖ sei "für Nächstenliebe, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, Zusammenhalt und Mitmenschlichkeit". Kurz konterte: "Da sehe ich in vielen Fragen keinen Widerspruch!" - Rendi-Wagner: "Das habe ich an Ihrer Politik vermisst in den letzten 18 Monaten." Sie sprach etwa den 12-Stunden-Tag an, der ohne Rücksprache mit Betroffenen eingeführt worden sei.
Darauf wieder Kurz: Niemand habe mit dem 12-Stunden-Tag ein Problem. Man müsse doch den Menschen mehr Freiheit geben, man lebe schließlich im 21. Jahrhundert. Die türkisblaue Regierung habe eine höchst erfolgreiche Standortpolitik gemacht. "Durch unsere Politik ist die Arbeitslosigkeit gesunken, die Gehälter sind gestiegen." Das sei "das Sozialste überhaupt" - nämlich Arbeit zu schaffen.
"Ich kann auch rausgehen!"
Zwischendurch gab es in diesem Duell mehrmals heftige emotionale Aufwallungen. Einmal schmollte Rendi-Wagner, weil Kurz ihrer Meinung nach zu viel Redezeit hatte: "Ich kann auch rausgehen und Hände waschen inzwischen...!" Darauf konterte Kurz ungerührt: "Das Problem mit der Wahrheit ist, dass sie manchmal weh tut."