Der mit Spannung erwartete Bericht zum Zustand des österreichischen Bundesheeres ist fertig. Er empfiehlt kurzfristig eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets im kommenden Jahr von derzeit 2,2 auf 3,1 Milliarden Euro und eine schrittweise Anhebung auf ein Prozent des BIP bis 2030 sowie eine unverzügliche Entscheidung über die Ausgestaltung der Luftraumüberwachung. Langfristig wird es notwendig sein, 16,2 Milliarden Euro zu investieren.
Ein flächendeckender Schutz der österreichischen Bevölkerung ist nicht mehr gewährleistet, so der Verteidigungsminister.
Hoffnung auf Erhellung
"Ich hoffe, dass der Bericht einen erhellenden und erleuchtenden Effekt auf die Politik hat" und man sich auf das angestrebte Militärbudget im Ausmaß von einem Prozent des BIP verständigt, sagte Verteidigungsminister Thomas Starlinger bei der Präsentation des Zustandsberichts am Dienstag. Derzeit hat das Bundesheer knapp über zwei Milliarden Euro, ein Prozent des BIP wären mehr als vier Mrd.
Bundesheer am Scheideweg
Der Bericht soll dazu dienen, den politischen Verantwortungsträgern "fundierte Entscheidungsgrundlagen" zu liefern. Er zeigt, dass das Bundesheer an einem Scheideweg steht. "Während die Bedrohungen für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung wachsen, ist die Leistungsfähigkeit des Bundesheeres für Schutz und Hilfe mangels notwendiger Ressourcen massiv gefährdet. Es ist nun Aufgabe der Politik zu entscheiden, welches Risiko für die Sicherheit der Österreicher in Kauf genommen werden soll", heißt es zusammenfassend in dem Bericht.
Schutz der Bevölkerung eingeschränkt
Verteidigungsminister Thomas Starlinger warnt einmal mehr, dass "die Fähigkeiten des Heeres in den vergangenen Jahrzehnten durch fehlende Investitionen massiv eingeschränkt wurden und der mittlerweile dramatische Fähigkeitsverlust des Bundesheeres massive Konsequenzen für Österreich hat". "Der Schutz der Bevölkerung kann schon heute nur mehr sehr eingeschränkt gewährleistet werden. Ganz Österreich muss sich daher die Frage stellen: Wie viel ist uns unsere Sicherheit wert?"
Gefahren nehmen zu
Der Minister weist darauf hin, dass "aufgrund der konfrontativen geopolitischen Entwicklungen und den bereits jetzt spürbaren großen Herausforderungen des Klimawandels im kommenden Jahrzehnt die Gefahren für die österreichische Bevölkerung zunehmen und dabei auch deutlich komplexer werden". "Das allgemeine Trendszenario für die nächste Dekade ist gekennzeichnet von einer Verschlechterung nahezu aller relevanten Parameter", heißt es in dem Bericht. Es drohen hybride Angriffe, systemische Terrorangriffe und Extremereignisse wie etwa Massenmigration, Blackout, Pandemien, Natur- und technische Katastrophen. Dabei ist das Bundesheer "momentan weit davon entfernt, seine verfassungsmäßigen Aufgaben vollumfänglich erfüllen zu können. Der Realzustand des Bundesheeres lässt nur ein eingeschränktes Leistungsspektrum zu".
Zehn konkrete Maßnahmen
Die Experten formulieren zehn konkrete Maßnahmen, die notwendig sind, um die drohende Pleite des Bundesheeres abzuwenden und das Militär zukunftsfit zu machen.
Der Investitionsbedarf des Bundesheeres beträgt ganze 16,2 Mrd. Euro. Dieses Geld braucht es zusätzlich zur Erhöhung des Regelbudgets, um das Militär bei Ausrüstung, Waffen, Personal und Gerät auf den gewünschten Ist-Zustand zu bringen. Alleine für die gepanzerte Mobilität der Infanterietruppe braucht man sechs Mrd. Euro. Die Luftstreitkräfte brauchen inklusive Abfangjäger-Update 2,2 Mrd. Euro.
Massive Folgen
Und man schildert auch die entsprechenden Folgen: Werden die Abfangjäger keinem Upgrade unterzogen, hat dies zur Folge, dass die Flugzeuge nur am Tag Ziele identifizieren können, da keine Nachsichtfähigkeit gegeben ist. Bei Nacht ist der Einsatz zur Identifikation von Luftraumverletzungen nur durch Radar zu beobachten, es können keine aktiven Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Personalabgänge als zusätzliche Sorge
Das Bundesheer plagen aber nicht nur finanzielle Sorgen, sondern auch starke Personalabgänge. Pensionsbedingt werden bis 2030 etwa 8.300 Personen das Bundesheer verlassen. Die Zahl der Grundwehrdiener stabilisiert sich auf etwa 17.500 jährlich.