NEOS-Chefin und Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger hat am Sonntag die Bereitschaft ihrer Partei bekräftigt, nach der Nationalratswahl Regierungsverantwortung zu übernehmen. Vor allem Kontrollaufgaben würden dann im Mittelpunkt stehen. "Ich möchte, dass diese Postenschacherrouten endlich geschlossen werden", sagte sie in der ORF-"Pressestunde".

Bei der kommenden Wahl gehe es nicht um den Bundeskanzler, denn es sei fix, dass dies wieder Sebastian Kurz (ÖVP) sein werde. "Die wichtigere und entscheidendere Frage ist, wer sitzt ihm gegenüber und bietet ihm die Stirn? " Es drohe die Neuauflage von Türkis-Blau mit Showpolitik und rechtsradikalen "Einzelfällen", und das wolle sie nicht. Stattdessen solle es eine "ehrliche, anständige Zukunftsalternative geben".

Parteien und "Pimperlvereine"

Wie diese aussehen soll, wurde in der Folge eine Stunde lang durchdekliniert. Bei der Parteienfinanzierung pochte sie auf umfassende Transparenz und scharfe Sanktionen bei Verstößen. "Jeder Pimperlkulturverein muss alles offenlegen, wenn er nur 1.500 Euro Förderung haben will, aber die Parteien nicht. Das geht nicht", sagte Meinl-Reisinger.

Den Wunsch nach einer Schuldenbremse über den Konjunkturzyklus gesehen, verteidigte sie. Es sei Anliegen der NEOS, mit dem Budget verantwortungsvoll und nicht zulasten nachfolgender Generationen umzugehen. Dass dadurch nötige Investitionen zu kurz kommen könnten, bestritt sie vehement. Die Abgabenquote gelte es zu senken. Ihre Partei habe auch ein "umfassendes ökosoziales Steuerreformkonzept" vorgelegt, das Umwelt und Menschen gleichzeitig entlaste. Die kalte Progression müsse abgeschafft werden, und das Pensionsantrittsalter müsse steigen.

Dass ihre Partei beim Mercosur-Abkommen mit Lateinamerika einen Schwenk von "ja, aber" zu "nein, aber" hingelegt habe, bestritt Meinl-Reisinger. Es müssten Umweltstandards und Sanktionen hineinverhandlet werden. Der wirtschaftliche Druck über solch ein Abkommen sei jedenfalls ein passender Hebel, "wenn das die einzige Sprache ist, die der Herr Bolsonaro versteht".

Eingefärbte Machtbastionen

Innenpolitisch bezeichnete die NEOS-Chefin ihre Partei als "Fans der Sozialpartnerschaft", und zwar mehr als die Linke, die einen Mindestlohn nicht kollektivvertraglich, sondern mittels Gesetz regeln wolle. "Wogegen ich wirklich auftrete, ist, dass die Arbeiterkammer und die Wirtschaftskammer von den jeweils dahinterliegenden Parteien als Machtbastion missbraucht werden."

In der Flüchtlingspolitik bezweifelte sie, dass es noch zu generellen Verteilungsquoten in Europa kommen werde. Sie begrüßte aber die Idee einer "Achse der Willigen" in diesem Bereich. In Österreich gebe es zwischen Reden und Tun große Unterschiede. Sowohl für den Außengrenzschutz habe Österreich zu wenige Beiträge geleistet, und auch bei der Bekämpfung von Fluchtursachen und der Entwicklungszusammenarbeit habe das Land "beschämend wenig" getan, sagte Meinl-Reisinger.