Die Abschaffung des Pflegeregresses knapp vor der Wahl 2017 hat zu einer gravierenden Verzerrung der Anreize geführt. Ab sofort war es für Familien vorteilhafter, ihre Angehörigen in ein Heim zu geben, als sie zu Hause zu pflegen. Das entspricht oft nicht den Wünschen der Pflegebedürftigen und führt zu rasant steigenden Kosten für die öffentliche Hand. Um dem Gegenzusteuern, schlägt die ÖVP nun vor, pflegenden Angehörigen finanziell unter die Arme zu greifen.
Anders als das Pflegegeld, das es bereits gibt, soll die Zahlung, die die ÖVP vorschlägt, an die Pflege durch die eigene Familie in den eigenen vier Wänden gekoppelt sein. Der sogenannte „Pflege-daheim-Bonus“ soll 1500 Euro im Jahr betragen, sofern der Pflegebedürftige mindestens in Pflegestufe drei eingestuft ist.
Geschätzte Kosten 300 bis 400 Millionen
Für den Erwerb des Anspruchs soll es nicht erforderlich sein, dass der Pflegebedürftige und die pflegenden Angehörigen im selben Haushalt leben. Auch die Aufteilung des Betrags zwischen zwei oder mehreren Angehörigen soll möglich sein, sieht das Konzept vor. Die Höhe des Betrags ist unabhängig vom Einkommen der Bezugsberechtigten, weshalb der Bonus für niedrigere Einkommensbezieher stärker ins Gewicht fällt.
Menschen, die in den Pflegestufen eins oder zwei eingestuft sind, gehen nach den Vorstellungen des ÖVP-Wahlprogramms auch nicht leer aus. Für Pflegestufe Zwei sind 1000 Euro im Jahr vorgesehen, bei Pflegestufe eins noch 500. Der Bonus soll direkt an die pflegenden Angehörigen ausgezahlt werden. „Das wird auch dabei helfen, die Pflege daheim attraktiver zu machen“, schreibt ÖVP-Chef Sebastian Kurz zur Begründung des Vorschlags seiner Partei.
Eine Überschlagsrechnung ergibt, dass der „Pflege-daheim-Bonus“ zwischen 300 und 400 Millionen Euro kosten wird. Das Geld soll über die von der ÖVP ventilierte Pflegeversicherung kommen, die als fünfte Säule zu den bereits bestehenden hinzukommen soll. Wieviel von den Pflegekosten letztlich über die Versicherung abgedeckt sein werden und wieviel aus dem Budget dazugeschossen werden wird müssen, ist noch nicht klar.
Derzeit pflegen in Österreich rund 800.000 Menschen ihre Angehörigen zu Hause, sind also potenzielle Nutznießer des Bonus. Ungefähr 400.000 Menschen sind in höherem oder niedrigerem Ausmaß pflegebedürftig.