Die ÖVP sieht sich im Wahlkampf zur Nationalratswahl am 29. September als Opfer eines Cyber-Angriffs. Nach den jüngsten Veröffentlichungen interner Dokumente über die Parteispenden und Finanzen der ÖVP haben Experten der Cyber-Security-Firmen SEC Consult und CyberTrap in den vergangenen Tagen die IT der Volkspartei überprüft.
In einer sehr kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte ÖVP-Chef Sebastian Kurz heute früh, die ÖVP-Zentrale sei in den letzten Wochen Ziel eines „groß angelegten Hackerangriffs“ gewesen. Konkret soll zwischen dem 11. August und 3. September eine große Menge an Daten abgesaugt worden sein.
„Da waren Profis am Werk“, enthüllte der internationale Cyber-Experte Avi Kravitz, der den Angriff aufgespürt und, wie er selbst sagt, am 3. September den „Stecker gezogen“ hatte. „Es riecht nach Auftragsarbeit. Es macht niemand, der ein wenig Freizeit hat.“ Angeblich wurden Daten im Ausmaß von 1300 Gigabyte entwendet. Ein solcher Angriff benötige eine „lange Vorlaufzeit“, am 27. Juli hätten die noch unbekannten Täter erstmals versucht, in das ÖVP-interne Netz zu gelangen.
„Aufgrund der Komplexität, die sich hier herausgestellt hat während dieses Angriffs, kann man ausschließen, dass es ein Scriptkiddie war. Das war jemand, der definitiv wusste, was er wollte, und sich auch die Arbeit dafür angetan hat“ - ein Scriptkiddie, klarifizierte Kravitz anschließend, sei „ein Hacker in den Kinderschuhen“.
„Es gab einen gezielten Hackerangriff auf Server der ÖVP mit dem Ziel, Daten zu entwenden, zu verfälschen, zu manipulieren. Das ist nicht nur ein Angriff auf die Volkspartei, sondern auch ein Angriff auf das demokratische System“, erklärte der ÖVP-Chef.
Damit erscheinen die jüngsten Enthüllungen der Wochenzeitung „Der Falter“ über eine angebliche kreative Buchführung der ÖVP bei den Wahlkampfkosten womöglich in einem anderen Licht. „Teile der Dokumente wurden verfälscht und manipuliert", behauptete Kurz. Auch die vom "Standard" im August veröffentlichte ÖVP-Spendenliste soll im Zuge des Hackerangriffs entwendet worden sein.
Nur Tageszeitungen bei Pressegespräch
Wer hinter dem Angriff stecken könnte, steht noch in den Sternen. „Wir gehen davon aus, dass wir bald mehr bekanntgeben können“, so Kravitz. Bekanntlich wollte der Falter in den nächsten Woche noch weitere Details zur Finanzierungspraxis der ÖVP enthüllen.
Zur Pressekonferenz waren alle heimischen Tageszeitungen, also Kleine Zeitung, Presse, Standard, SN, Kurier, Krone, Österreich, Heute, TT, SN, VN, OÖN sowie der ORF, die APA und Reuters eingeladen, allerdings nicht Wochenzeitungen wie der Falter, Profil, News. Einer Journalistin des Falter wurde angeblich der Zutritt zur Parteizentrale verwehrt.
Die ÖVP hat inzwischen den Verfassungsschutz informiert.