Der traditionelle Festakt am Dorfplatz stand wie immer im Zeichen der Europaregion Tirol bestehend aus dem Bundesland Tirol, Südtirol und dem Trentino. Dort sowie anschließend im Congress Centrum standen drei Themen im Mittelpunkt: Freiheit, Sicherheit und das Klima.
Alles war wieder aufmarschiert vor der Kirche im "Dorf der Denker", was zu einem "Landesüblichen Empfang" in Tirol gehört: Schützen, Musikkapelle und Traditionsabordnungen. Die Tiroler Landeshymne "Zu Mantua in Banden" durfte ebenso wenig fehlen wie die österreichische Bundeshymne, Ehrensalve und "Schnapserl"-Ausgabe.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) fokussierte sich in seiner Rede vor allem auf den Klimawandel bzw. notwendige Maßnahmen für den Klimaschutz. Die frühere türkis-blaue Bundesregierung habe eine "ambitionierte Steuerreform" auf den Weg gebracht, die nächste müsse eine "ökosoziale Steuerreform" sein. Umweltschädliches Verhalten müsse steuerlich belastet, umweltfreundliches entlastet werden.
Platter sprach auch die Tirol unter den Nägeln brennende Transitfrage an. Er werde in Sachen Anti-Transit-Kampf "keinen Millimeter nachgeben", orte aber gleichzeitig auch Bewegung in Deutschland. Alpbach bezeichnete der Landeschef als "Ort des Aufbruchs und der kreativen Unruhe".
Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) setzte sich mit einem Aspekt des heurigen Forum-Generalthemas "Freiheit und Sicherheit", nämlich der Freiheit, auseinander. Vor Jahren habe man noch geglaubt sie stehe in unserer westlichen Welt außer Frage, doch sogar in Europa gebe es Entwicklungen, im Zuge derer diese Selbstverständlichkeit "infrage gestellt wird". Freiheit brauche immer auch Verantwortung, mahnte Kompatscher. Der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti (Lega) wiederum unterstrich ins seiner Rede Notwendigkeit und Wichtigkeit der Zusammenarbeit der Euregio im Bereich Forschung und Entwicklung und Investitionen in diese Bereiche. Die Bundesregierung wurde bei dem Festakt übrigens von Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl vertreten.
Anschließend ging es weiter zum Congress Centrum. Dort spielte zunächst die R.E.T. Brass Band vor bzw. auf der Installation von Lois Anvidalfarei die Auftragskomposition "Gerüst" von Christof Dienz. Die Installation des Südtiroler Künstlers Anvidalfarei illustriert die Spannung zwischen diesen Begriffen mit Bronzefiguren, die - je nach Betrachtung - in einem Baugerüst eingesperrt sind oder darin Schutz suchen.
Im Congress ergriff Forums-Präsident und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler das Wort. Auch er mahnte zu Freiheit - auch angesichts der Tatsache, dass man da und dort "Türen schließen" sehe. Europa habe es mitunter mit "nationalistischen und rassistischen Phänomenen" zu tun, die die liberale Demokratie gefährden würden.
5200 Teilnehmer erwartet
Als anschließende Festrednerin war ursprünglich die ungarische Philosophin Agnes Heller vorgesehen, die jedoch im Juli verstarb. An ihrer Stelle trat der Philosoph Josef Mitterer auf und trug den Text vor, den Heller in Alpbach halten wollte. Heller, die die dem Holocaust mehrmals nur knapp entkam und von Ungarns Kommunisten ins Exil gedrängt wurde, ging dabei auch auf die politische Situation in ihrem Heimatland ein. Die Bevölkerung in Ungarn und anderen osteuropäischen Staaten habe die "Freiheit als Geburtstagsgeschenk" erhalten und sei daran gescheitert, sie zu erhalten. Die Moderne basiere auf der Freiheit und die Sicherheit "hängt von der Freiheit ab, vom Gebrauch der Freiheit", schrieb Heller.
Insgesamt werden in Alpbach bis 30. August rund 5200 Teilnehmer erwartet, darunter auch heuer wieder prominente Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Unter anderen werden EU-Kommissar Günther Oettinger, der Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Thomas Greminger, der Direktor der EU-Grundrechteagentur (FRA), Michael O'Flaherty, die Präsidentin der UNO-Generalversammlung, Maria Fernanda Espinosa Garces, der ehemalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon und der frühere Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy das Tiroler Dorf beehren.
Von österreichischer politischer Seite nehmen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung an den Veranstaltungen teil. Angekündigt sind etwa Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, Vizekanzler und Justizminister Clemens Jabloner, Außenminister Alexander Schallenberg und Verteidigungsminister Thomas Starlinger.
Start mit Gesundheitsgesprächen
Heute, Sonntag, beginnen dazu die Gesundheitsgespräche (bis 20. August) mit einer Keynote von US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz. Immerhin geht es - gegenüber den Patienten oft bestritten, politisch aber ständig diskutiert - im Gesundheitswesen immer mehr um die Finanzen.
"Wie können wir unsere solidarischen Gesundheitssysteme angesichts teurer Untersuchungen und Medikamente erhalten? Welche ethischen Fragen müssen wir uns stellen, wenn ein Algorithmus entscheidet, ob Patienten operiert werden oder nicht?", hieß es zu den Alpbacher Gesundheitsgesprächen vonseiten der Organisatoren.
Vorträge zu Themen wie Finanzierbarkeit neuer Therapien und Künstlicher Intelligenz in der Medizin werden wohl Highlights sein, auch zur Frage, ob die Gesundheitssysteme auf die Klimakrise vorbereitet sind. Zur Eröffnung heute, Sonntag, hat sich auch Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl angesagt.