Am Montag hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten durchgeführt. Wie der "Standard" berichtet, führten die Ermittler unter anderem Razzien bei Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-Klubobmann Johann Gudenus, in den Büros der Casinos Austria sowie bei deren Finanzvorstand Peter Sidlo, Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner und Aufsichtsrat Harald Neumann durch.
Bei den Ermittlungen auf Basis einer anonymen Anzeige soll es darum gehen, dass Sidlo - ein Vertrauter von Gudenus und freiheitlicher Bezirksrat - entgegen Empfehlungen des zur Besetzung beigezogenen Personalberaters in den Vorstand der teilstaatlichen Casinos Austria AG ernannt wurde.
Strache weist Vorwürfe zurück
Strache hat in einer von Rechtsanwalt Johann Pauer verbreiteten Erklärung alle Vorwürfe in der Causa Casino zurückgewiesen. "Ich habe mir keinerlei Verhalten - weder in diesem, noch in anderen Zusammenhängen - vorzuwerfen, das den Straftatbestand der Bestechlichkeit erfüllt", so die Reaktion des Ex-Vizekanzlers.
Strache sieht in der Causa Casinos "lediglich einen weiteren politischen Angriff auf meine Person": "Offenbar wird in Fortsetzung der Erstellung und Veröffentlichung des Ibiza-Videos, deren Initiatoren und Hintermänner sich ebenfalls bis heute in der Anonymität verstecken, fortgesetzt versucht, mich zu diskreditieren und mundtot zu machen." Den Behörden sagte Strache Kooperation zu. Laut der Zeitung "Österreich" wurde auch Straches Handy mit sämtlichen SMS, Mails und WhatsApp-Nachrichten beschlagnahmt.
ÖVP dementiert Vereinbarung
Der Anzeige zufolge soll der Bestellung eine ÖVP-FPÖ-Vereinbarung zugrunde liegen, Sidlo auf einem Ticket von Casino-Miteigentümer Novomatic in den Vorstand zu entsenden, schreibt der "Standard" - im Gegenzug soll die FPÖ Entgegenkommen bei etwaigen Gesetzesänderungen beim "Kleinen Glücksspiel" nach der Wiener Gemeinderatswahl 2020 signalisiert haben. In ÖVP-Kreisen wird eine derartige Vereinbarung aber bestritten. Vielmehr habe der damalige FPÖ-Staatssekretär Herbert Fuchs, der im Finanzministerium für die Glücksspielagenden zuständig war, de facto ein Mitspracherecht bei der Vorstandsbesetzung gehabt und gemeinsam mit der Novomatic die Bestellung von Sidlo zum Casino-Finanzvorstand bewerkstelligt.
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
FPÖ: "Nichts mit der Partei zu tun"
Aus der FPÖ antwortet ein Sprecher auf Anfrage der Kleinen Zeitung: "Die neue Parteiführung, aber auch die FPÖ stehen damit in keinem Zusammenhang. Wir warten die Untersuchungen und die daraus resultierenden Ergebnisse ab und hoffen, dass die Justiz zügig ermittelt."
Scharfe Kritik am "Postenschacher"
SPÖ, NEOS, Grüne und Liste Jetzt üben nach Bekanntwerden der Hausdurchsuchungen scharfe Kritik am "Postenschacher" der abgesetzten ÖVP-FPÖ-Regierung.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda - ganz im Wahlkampf-Modus - forderte die Österreicher auf, "das türkis-blaue System der gekauften Politik" am 29. September abzuwählen. "Es ist unfassbar, dass ÖVP-Chef Kurz diese FPÖ in die Regierung geholt hat und diese Korruptionskoalition trotz der vielen Skandale auch noch fortsetzen will", so Drozda, der nach den Hausdurchsuchungen "einen weiteren handfesten türkis-blauen Korruptionsskandal" ortet.
"Blaue Glücksfee"
Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sieht sich in seinen Warnungen bestätigt: Diesen Skandal habe die türkis-blaue Regierung zu verantworten. "Wir haben immer vor dieser 'blauen Glücksfee' gewarnt", erklärte er in einer Aussendung. Schellhorn forderte Sidlos umgehende Suspendierung, auch in der Nationalbank, wo Sidlo Mitglied des Generalrates ist. "Sidlo muss umgehend suspendiert werden. Jemand, der unter Korruptionsverdacht steht, darf nicht einmal in die Nähe unseres Staatsgoldes gelassen werden! Weil, dass die FPÖ gern Dinge, die ihr nicht gehören, ans Ausland verscherbeln will, wissen wir spätestens seit Ibiza."
Entsetzt zeigte sich Grüne-Bundesrätin Ewa Ernst-Dziedzic. "Unfassbar und unverantwortlich, was die FPÖ in weniger als zwei Jahren zum Schaden der Republik angerichtet hat. Und die ÖVP hat offensichtlich nicht nur zugeschaut, sondern scheint auch abgenickt zu haben." Dass es jetzt Razzien beim ehemaligen Vizekanzler gebe, werfe ein desaströses Bild auf die türkis-blaue Regierungszeit.
"Ibiza ist in Wien angekommen"
Für Peter Pilz von der Liste Jetzt zeigt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein weiteres Mal, dass nur auf sie bei der Korruptionsbekämpfung Verlass sei. "Ibizia ist jetzt endgültig in Wien angekommen", so Pilz. Er forderte, nach der Nationalratswahl einen Ibiza-U-Ausschuss einzurichten.
In Österreich darf eine Hausdurchsuchung laut Strafprozessordnung (StPO) nur dann stattfinden, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, dass dabei Personen oder Gegenstände gefunden werden könnten, die für die Untersuchung im Rahmen eines Strafverfahrens wichtig sind. Die Durchsuchung darf von der Staatsanwaltschaft nur aufgrund einer richterlichen Bewilligung angeordnet werden.