Die Übergangskanzlerin geizt mit Interviews: Sagen was ist, ist die Devise von Brigitte Bierlein. Und sich heraushalten, aus allem, was von wahlkämpfenden Parteien gegen sie, gegen die Regierung verwendet oder in deren eigenem Interesse missbräuchlich verwertet werden könnte.
In der aktuellen Österreich-Ausgabe der „Zeit“ erschien ein Porträt der Kanzlerin und ihrer Regierung, das Seiten beleuchtet, die bisher noch nicht vom Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit erfasst wurden.
Dass sie damit gezögert hat, das schwere Amt zu übernehmen ist bekannt. Sie rechnete damit, das Justizministerium angetragen zu bekommen. Ihre erste Antwort auf die Anfrage des Bundespräsidenten war ein Nein. „Das kann ich nicht.“ Was dieser wiederum mit der Antwort quittiert haben soll, das sei ein „typisches Frauen-Argument“.
Erst, nachdem Alexander Van der Bellen ihr sagen konnte, dass Ex-Verwaltungsgerichtshofpräsident Clemens Jabloner als Justizminister und Vizekanzler gewonnen worden sei, habe sie die Angelegenheit noch einmal überschlafen und schließlich „im Interesse der Republik“ zugesagt. Jabloner und Bierlein verbindet als Folge des gemeinsamen beruflichen Umfeldes eine jahrzehntelange, freundschaftliche Beziehung.
Was Autor Josef Votzi, ehemaliger Kurier-Chefredakteur, auch noch zu berichten weiß: Schon am Tag der Vorstellung der neuen Regierung sei Bierlein um ein Haar der Verteidigungsminister abhanden gekommen. Thomas Starlinger war drauf und dran, die neue Sicherheitsschule in Wiener Neustadt zu stoppen, weil es dem Verteidigungsministerium an allen Ecken und Enden an Geld und Material mangelt. Als das Parlament die Ampel auf Rot stellte und er die Kraftprobe verlor, habe er nur mit Müh und Not von Kanzlerin Bierlein überredet werden können, bei der Stange zu bleiben, schreibt Votzi in der „Zeit“.
Ende der kommenden Woche will die Kanzlerin den Bericht der internen Revision in der Reißwolf-Affäre vorlegen. Votzi fragte, wie sie es selber mit der Übergabe halten wolle. Bierlein nüchtern: „So, wie vorgesehen. Mit frisch aufgesetzten Computern und Dienst-Handys und aufgeräumten Büros.“