Für Wolfgang Maderthaner, Ex-Generaldirektor des Staatsarchives, war das Vorgehen des ÖVP-Mitarbeiters rund um die Schredder-Affäre jedenfalls gesetzeswidrig. Der Gesetzeswortlaut werde aber kaum eingehalten, da es kaum Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten gebe.
Im Ö1-Morgenjournal am Freitag zitierte Maderthaner aus dem Bundesarchivgesetz, in dem es heißt, dass alles nicht weiter benötigte Schriftgut eines Ministeriums bei Ausscheiden eines Ministers an das Staatsarchiv zu übergeben sei. Allerdings werde der Gesetzestext oft nicht eingehalten, da er nach seinem Wortlaut auch Privates und Parteipapiere enthalten würde.
"Komplette Machtlosigkeit"
Dass Parteien bei Übergabe Dokumente vernichten lassen, sei deshalb nicht ungewöhnlich, aber dennoch ungesetzlich. Die aktuelle Schredder-Affäre habe jedoch eine "sehr neue Qualität in der Zweiten Republik", so Maderthaner.
Das Staatsarchiv verfüge hier kaum über Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten. Der Ex-Generaldirektor kritisiert deshalb eine "komplette Machtlosigkeit der archivischen Institutionen". Dabei hätten Parteien gar nichts zu befürchten, meint Maderthaner. Denn die übergebenen Dokumente bleiben für 25 Jahre versiegelt. Allein Ex-Kanzler und Ex-Minister haben in dieser Zeit Zugriff zu den Materialien.
"Mist gebaut"
ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat sich nach seiner Rückkehr aus den USA erstmals zur Schredder-Affäre geäußert. Dass einer seiner engsten Mitarbeiter fünf Festplatten bei einer privaten Firma schreddern ließ, habe er nicht gewusst. Dass dieser unter falschen Namen getan habe und aufs Zahlen vergessen habe, sei nicht in Ordnung gewesen: „Er hat Mist gebaut, ich hätte es nicht so gemacht“, so Kurz im Interview auf Servus-TV.
Warum ausgerechnet diese fünf Druckerfestplatten geschreddert worden sind, dafür hatte Kurz eine neue Version parat: Es seien Drucker gewesen, auf denen die als geheim eingestuften Ratsprotokolle des österreichischen EU-Vorsitz ausgedruckt worden sind. Der ÖVP-Chef enthüllte, dass der Volkspartei im letzten Wahlkampf offenbar eine Druckerfestplatte entwendet worden sind. „Wir sind gebrannte Kinder.“ Bekanntlich waren im letzten Wahlkampf Strategiepapiere den Weg nach außen gelangt.
Der Mitarbeiter sei übervorsichtig gewesen, er habe dies „in guter Absicht gemacht“. Mit einem IT-Mitarbeiter und einem anderen Kabinettsmitglied sei dies abgesprochen gewesen. Die Aktion fand wenige Tage vor dem Misstrauensantrag gegen die türkis-blaue Koalition statt.
"Dass ich Drogen nehme, ist eine Unterstellung"
Kurz übte harte Kritik an dem anonymen Twitter-Account, wo behauptet wird, es gebe Gerüchte, Kurz nehme Kokain oder lasse sich von Unternehmern bezahlen. „Dass ich Drogen nehme und korrupt bin, ist eine Unterstellung.“ Zu den Parteispenden erklärte Kurz, er würde „keine Spenden von Waffenproduzenten“ nehmen.