Bevor der Buwog-Prozess eine sechswöchige Sommerpause einlegt, wurde heute, Donnerstag, Michael Ramprecht, ehemaliger Mitarbeiter im Kabinett des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser, erneut befragt. Grasser-Anwalt Norbert Wess hatte seine Befragung fortgesetzt, die zuletzt durchaus emotional verlief. Ramprecht fühlte sich durch Wess mehrfach provoziert und reagierte zusehends gereizt. So warf er Wess vor, deshalb wiederholt die gleichen Fragen zu stellen weil bei ihm der "Taxometer" läuft. Grasser hatte in einem Interview vor einigen Monaten vorgerechnet, dass ihn der Prozess bereits mehr als eine Million Euro gekostet hat.
Auch bei seiner Befragung am Donnerstag ging es heiß her. Wess setzte alles daran, die Glaubwürdigkeit von Ramprecht als Zeuge in Frage zu stellen. Dieser reagierte teils verärgert. Die Befragung wurde abgeschlossen, nach einer kurzen Befragung eines Bankers per Videokonferenz wurden die Angeklagten in eine sechswöchige Sommerpause entlassen.
Das war der 103. Verhandlungstag
Richterin Marion Hohenecker hat Platz genommen, die Schöffen auch, es geht los. Hohenecker beginnt gleich mit dem Hinweis, dass einer der Angeklagten, der seit Monaten abwesend ist, wieder anwesend sein muss. Sein Anwalt nickt. Dann wird auch schon Ramprecht in den Saal gerufen, der - in weißem Hemd ohne Sakko - vor dem Gericht Platz nimmt. Die Verteidiger machen sich bereit für die Befragung. Ihr Ziel ist es, die Glaubwürdigkeit des Zeugen, der für die Anklage essenziell ist, in Frage zu stellen. Denn wir erinnern uns: Ramprecht hatte bei seiner Befragung im März erklärt, dass der Buwog-Verkauf "ein abgekartetes Spiel" gewesen sei. Seine damaligen Aussagen, die Grasser und Co. schwer belastet haben, finden Sie hier.
Richterin: "Sie wollen von vorne beginnen?"
Ramprecht darf sich noch etwas entspannen, Wess beginnt nämlich mit einem Antrag zu den gestrigen Aussagen von Berner bezüglich dessen Treffens mit dem Staatsanwalt. Als Wess weitere Unterlagen zum Akt geben will, bremst ihn die Vorsitzende. Der Akt des Buwog-Prozesses habe schon jetzt mehr als 4000 Ordnungsnummern - jede davon umfasst einen Pack an Seiten. Wess beklagt indes dubiose Ermittlungsschritte und neue Fragen, die sich auftun. "Sie wollen also noch einmal von vorne beginnen?", fragt die Richterin. Das könne er so noch nicht sagen, so Wess. Kurzes Raunen im Gerichtssaal.
Das lässt Staatsanwalt Alexander Marchart nicht auf sich sitzen, die vermissten Aktenvermerke seien im Akt, "den muss man halt auch lesen". Die Stimmung wirkt angespannt, Wess schüttelt immer wieder den Kopf.
Ramprecht: "Psychische Ausnahmesituation"
Dann geht es mit den Fragen an Ramprecht los, er macht sich bereit. Wess will wissen, ob ihm Berner geraten hat, nicht über die berühmte Skizze, um die es gestern gegangen ist, zu sprechen. Daran könne sich Ramprecht nicht erinnern. Zur Erinnerung: Berner wiederholte bei seiner gestrigen Befragung, dass der heutige Angeklagte Peter Hochegger ihm eine Skizze gezeichnet hätte, die für die Anklage als Beweis für den "Tatplan" von Grasser und Co. gesehen wird. Jetzt geht es um die Frage, wann genau Berner Ramprecht die Skizze gezeigt habe.
Wess bohrt nach angesichts der "psychischen Ausnahmesituation", in der sich Ramprecht damals befunden habe, als er von Grasser aus dem Amt gehoben wurde. Ramprecht wiederholt, dass Grasser für ihn "ein Vorbild" war. Er sei "emotional durch den Wind" gewesen. Es sei ihm "extrem schlecht" gegangen, weil sich "mein großes Vorbild von normalen Menschen nicht unterschieden" habe. Vor allem nach dem Tennismatch mit dem heutigen Angeklagten Ernst Plech, der ihm gesagt habe, dass Grasser beim Buwog-Verkauf kassiert habe.
"Sowas von unsympathisch"
Und jetzt will Wess dort weitermachen, wo die Richterin die Befragung das letzte Mal abgebrochen hat - bei einem Zeitungsartikel. Hohenecker brach übrigens mit den Worten "Ich bin die Sitzungspolizei, aus jetzt!" ab. Auch heute muss die Richterin mehrfach in die Befragung eingreifen. In dem Zeitungsartikel geht es übrigens darum, dass Ramprecht bei einem Immobiliendeal Provision kassiert haben soll. Der Zeuge bestreitet das. Er habe aber keine medienrechtliche Schritte eingeleitet. "Mir ist so etwas von egal, was über mich in den Medien steht."
Wess bohrt nach, weil Ramprecht bei seiner letzten Befragung gesagt habe, dass im Saal Personen sitzen, die ihm "sowas von unsympathisch" sind. Wer das sei, will Wess wissen. "Sie waren wir letzten Mal sehr unsympathisch", sagt Ramprecht mit Blick auf den Grasser-Verteidiger. "Aber mittlerweile sind Sie mir sympathisch, weil Sie heute so fesch angezogen sind." Leises Gelächter im Saal. "Herr Meischberger ist mir aber bis heute unsympathisch." "Danke für das Kompliment", ruft dieser und wird von der Richterin ermahnt.
"Blutrausch"
Jetzt wird es persönlich. Wess stellt einen Antrag auf die Abspielung von Audiodateien, die bei der Hausdurchsuchung bei Ramprecht gefunden sein worden. Er liest schriftliche Auszüge einer Audiodatei vor, die zeigen sollen, dass Ramprecht nicht - wie in der Verhandlung behauptet - seine Familie über alles stelle. Es geht um Gewalt, "Blutrausch" und sehr persönliche Dinge. Der Grund: Wess will so aufzeigen, dass der Zeuge nicht glaubwürdig ist.
Staatsanwalt Marchart wirft ein, dass die Ausführungen von Wess "nichts mit diesem Verfahren zu tun haben". Ramprecht verfolgt die Ausführungen von Wess mit finsterer Miene. Dieser will eine sofortige Entscheidung - doch die Richterin will später entscheiden. Deshalb muss/darf Ramprecht auch noch nicht darauf antworten. Wess zieht nach der Pause übrigens einen Antrag von zu Beginn zurück, er habe einen fehlenden Teil doch im Akt gefunden.
Keine Zeit für Späße
Jetzt ist der Anwalt von Meischberger mit seinen Fragen an der Reihe, Jörg Zarbl. Es geht um Details zum Tennismatch. Ramprecht lässt sich zu einem Witz hinreißen, was der Richterin gar nicht gefällt. "Also, nein, Herr Ramprecht, für Späße haben wir da keine Zeit."
Zarbls Fragen rufen bei Ramprecht deutlich weniger Ärger hervor, er antwortet ruhig, die Richterin fragt dennoch bei zahlreichen Fragen: "Relevanz?" Zarbl fragt nach der "enttäuschte Liebe" zu Grasser. "Damals war ich enttäuscht, heute hätte ich eher Mitleid."
Der Senat hat sich für die Beratung über Wess' Antrag über die Abspielung der Audiodateien zurückgezogen, jetzt verkündet die Richterin, dass er abgewiesen wurde. Die Aufnahmen werden nicht vorgespielt. Niemand hat mehr Fragen an Ramprecht - das bedeutet, seine Befragung ist abgeschlossen. Er verlässt den Saal, ein paar Angeklagte schauen im nach.
London calling
Per Videokonferenz wird der nächste Zeuge aus London per Videokonferenz zugeschalten. Es ist Herr Pf., ein Lehman-Brother-Banker. Er soll Auskunft über das Verfahren rund um die Privatisierung der Buwog geben. Die Verbindung ist passabel, die Befragung ist aber doch deutlich anders als im Saal. Das macht aber nichts, weil der Zeuge schon einmal so ausgesagt hat. Die Richterin hat keine Fragen mehr, ein Privatbeteiligtenvertreter will noch nach haken.
Die Worte des Zeugen hallen im Saal, er ist schwer verständlich. Es geht um Details zum Bieterverfahren. Die Angeklagten und Verteidiger aus der Causa Terminal Tower wurden übrigens bereits in die Sommerpause entlassen und sind nicht mehr anwesend. Grassers Anwalt meldet sich auch noch "kurz" zu Wort und will wissen, ob die Privatisierung aus seiner Sicht korrekt abgelaufen sei. "Ja", sagt der Zeuge. Das war es auch schon wieder.
Kurz danach wird die Verbindung nach London getrennt. Und damit endet der letzte Prozesstag vor der Sommerpause. In sechs Wochen geht es weiter.