Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger und andere geht es vor der sechswöchigen Sommerpause noch einmal heiß her. Am Mittwoch wurde einer der beiden für die Anklage wichtigsten Belastungszeugen befragt - Willibald Berner. Der ehemalige Kabinettsmitarbeiter von Infrastrukturminister Schmid belastete Grasser und Co. - wie bereits bei seinen Einvernahmen vor Jahren - erneut schwer. Hochegger habe ihm den "Tatplan" mit der berühmten Skizze präsentiert, Grasser werde dann wohl profitiert haben.
Berner teilte aus, wurde teils deshalb sogar von der Richterin ermahnt. Eine Aussage sorgte bei den Verteidigung für helle Aufregung - ein Treffen zwischen Berner und dem damals zuständigen Staatsanwalt. Alle Details zum Prozesstag finden Sie hier.
Der Prozesstag zum Nachlesen
Heute sind jedoch alle Schöffen da, auch deutlich mehr Journalisten als sonst sitzen in den Reihen hinter den Verteidigern. Das liegt am heutigen Zeugen -Willibald Berner - der den Saal betritt und vor Richterin Marion Hohenecker Platz nimmt. Denn er gilt als einer der zentralen Belastungszeugen in der Causa Buwog. Gleich zu Beginn wird festgehalten, dass Berner auch weiterhin zu seinen früheren Aussagen zur Causa Buwog steht - und damit zum berühmten "Tatplan", der für die Anklage essentiell ist.
"Habe ein fotografisches Gedächtnis"
Berner beginnt mit seinen Ausführungen, es soll gleich um die berühmte Skizze gehen. Er sei damals im Hotel Bristol erstmals auf den heutigen Angeklagten Hochegger getroffen. Bei diesem Treffen habe Hochegger die berühmte Zeichnung erstellt. Die Zeichnung wird auf die Leinwand projiziert, Berner geht die Namen durch. Es handelt sich um jene Skizze, die Berner bei seinen Vernehmungen nachgezeichnet hat. Er habe sich das Original gut gemerkt, "ich habe ein fotografisches Gedächtnis". Er habe die Skizze sofort nach dem Treffen "für mich''" nachgezeichnet. Wo die Original-Skizze von Hochegger heute ist, wisse er nicht.
Hochegger habe sich damals dargestellt als der Kopf der Truppe, die aus Grasser, Hochegger, Plech und Meischberger bestanden habe. Der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider sei laut Hochegger von diesem Plan noch nicht informiert gewesen. Dieser Plan sei gewesen, bei Privatisierungen und Auftragsvergaben zu kassieren. Ein Vorwurf, der einen wichtigen Baustein für die Anklage darstellt. Die Provisionen sollten über eine Liechtensteiner Firma fließen, an deren Namen sich Berner nicht mehr erinnern kann. Und auch er hätte profitieren sollen. "Ich habe dann gleich dezidiert festgehalten, dass ich da nicht dabei sein werde und dass ich auch den Minister darüber in Kenntnis setzen werde."
Grasser bei den Freimaurern?
Das habe er auch gemacht, Haider selbst habe er sogar seine Skizze gezeigt. Letzterer habe sich verwundert gezeigt. "Haider sagte, dass ihm jetzt klar sei, dass Grasser Mitglied bei den Freimaurern sei - wie die Hocheggers." Grasser-Anwalt Manfred Ainedter schüttelt lachend den Kopf. "Hat Haider diesen Plan abgelehnt?", will die Richterin wissen. "Ja", antwortet Berner. "Sie auch?". "Ja."
Grasser habe er schon deutlich früher kennengelernt als Hochegger, führt Berner aus. Im Kabinett von Schmid habe er dann mehr mit ihm zu tun gehabt. Michael Ramprecht - den zweiten Belastungszeugen, der morgen befragt werden soll - kenne er auch schon länger. Mit ihm sei er befreundet, bis heute, wie er auf eine Nachfrage der Richterin antwortet. "In der Wiener Bussi-Bussi-Gesellschaft ist jeder dein Freund." Richtig befreundet sei er jedoch nur mit wenigen.
Berner: Skizze war "dumm"
Zu Hochegger habe er nie ein Vertrauensverhältnis gehabt. Dass ihm dieser den Tatplan vorgelegt habe, habe er als "Kleiner-Mann-Syndrom" gesehen. Offenbar fühle sich Hochegger "zehn Zentimeter zu klein". Dass ihm Hochegger die Skizze gezeichnet habe, sei aus seiner Sicht "dumm" gewesen, da sich beide kaum gekannt haben. Hochegger bestreitet übrigens, die Skizze angefertigt zu haben. "Da lügt der Herr Hochegger", so Berner. Er habe auch kein Motiv, einen der Angeklagten zu belasten.
Weitere flapsige Bemerkungen des Zeugen über die Angeklagten bringen ihm einen deutlichen Rüffel der Richterin ein. Es gehe hier nur Antworten auf ihre Fragen, "für Zynismus haben mir nach mehr als 100 Tagen in diesem Prozess keine Zeit".
Hochegger, dem Berner auf breiter Linie widerspricht, verfolgt die Ausführungen des Zeugen mit ernster Miene.
Es geht weiter mit den bisherigen Aussagen Berners als Zeuge. Ramprecht habe bereits 2006 alles auffliegen lassen wollen, berichtet Berner. Er habe ihn damals aber davon abbringen können und immer wieder auf ihn eingeredet, die Sache nicht auffliegen zu lassen. Warum? Berner habe ihm gesagt: "Lass die Finger davon. Der, den du hochgehen lassen willst, ist der Liebling des Boulevards und überbleiben wirst am Ende nur du".
Ramprecht habe später vom berühmten Tennisspiel mit Plech erzählt, wo ihm Plech angeblich erzählt habe, dass der Verkauf der Buwog "ein abgekartetes Spiel" gewesen sei. Davon habe Berner jedoch erst später erfahren.
"Enttäuschte Liebe"
Nach einer kurzen Pause geht es weiter - und wieder geht es um die Skizze, die Berner, der heute Unternehmer ist, gezeichnet hat. Ein Kästchen ist übrigens leer, da stand der Name der Liechtensteiner Firma, an die er sich nicht erinnern kann. Er wiederholt erneut, dass sich Hochegger "als großer Macher und Checker" mir gegenüber präsentiert hat". Zu seinen Wahrnehmungen zum Buwog-Verkauf gibt Berner an, dass Ramprecht diesen als "sein Baby" bezeichnet habe, das "in die falschen Hände" gekommen war. Ramprecht sei damals sehr enttäuscht von Grasser gewesen. Weniger wegen des Verlustes des Jobs, sondern laut Berner, weil Ramprecht enttäuscht über den Ex-Finanzminister war. "Enttäuschte Liebe, könnte man sagen."
Berner berichtet auch über Gerüchte, die er damals immer wieder gehört habe. Es sei vielfach vom "KHG-Inkassobüro" und einer "Viererbande" die Rede gewesen - während der Amtszeit von Grasser als Finanzminister. Zur Erinnerung: Die vier Angesprochenen - Grasser, Meischberger, Hochegger und Plech - bestreiten die Aussagen von Berner. Der Zeuge spricht übrigens teils recht undeutlich, die Richterin muss fallweise sogar mehrfach nachfragen.
Verehrung und Fixierung auf Grasser
Die sichtlich müden Schöffen wurden in die Mittagspause entlasten, Angeklagte, Verteidiger und Beobachter auch. Nach einer Stunde geht es weiter - mit den Fragen der Richterin an Berner. Vor allem die Befragung des Zeugen durch die beiden Grasser-Anwälte dürfte spannend werden. Sie werden alles daran setzen, die Aussagen Berners zu widerlegen. Wieder geht es um Haider. Die Richterin geht jetzt ins Detail, es geht um Zahlungen, Beraterverträge und Gesprächstermine. Spannend: Von der Skizze habe Berner übrigens außer Haider und Ramprecht niemanden erzählt. Und die hätten es sicher auch nicht weitererzählt, ist sich der Zeuge sicher.
Wieder geht es um Grasser und Ramprecht - und zwar um die "Fixierung" Ramprechts auf Grasser. Wir erinnern uns: In der Befragung von Ramprecht hat dieser angegeben, den damaligen Minister verehrt zu haben. Ramprecht sei dann am Boden zerstört gewesen, als ihn dieser aus seinem Job gehoben hatte. Das bestätigt auch Berner. "Er war sehr verletzt, wie Grasser ihn abserviert hat, eine große Enttäuschung war das", erinnert er sich. "Ich habe dann auch den Kontakt zu ihm gemieden, weil es kein anderes Thema mehr für ihn gegeben hat." Berner habe sogar gewitzelt, ob die beiden etwas miteinander haben, weil Ramprecht so von ihm geschwärmt habe. Er habe dann ihm und seiner Frau geraten, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
"Politischer Fallensteller"
Hohenecker fragt noch einmal, ob Bernern noch ein Motiv hätte, hier nicht die Wahrheit zu sagen. Berner verneint. Er könne der Richterin keine Beweise oder Unterlagen vorlegen, sondern ihr nur erzählen, wie es damals gewesen sein. In einem Protokoll von Hochegger, das gerade besprochen wird, bezeichnet dieser Berner als "politischen Fallensteller". Doch Berner bleibe bei seiner Darstellung.
Wirbel um Staatsanwalt-Treffen
Eine Aussage hat zudem dafür gesorgt, dass in der kurzen Verhandlungspause Wirbel ausgebrochen ist - unter den Verteidigern. Denn Berner hatte angegeben, sich mit dem damals zuständigen Staatsanwalt Norbert Haslhofer in einem Kaffeehaus getroffen zu haben. Die Anwälte murmeln aufgeregt. "Warum?", will die Richterin wissen. Er habe ihn einfach kennenlernen wollen und herausfinden wollen, ob dieser die ganze Sachen denn wirklich aufklären wolle. Es sei ein gutes Gespräch gewesen, so Berner.
In der Pause zeigt sich Grasser-Anwalt Ainedter fassungslos. "Das habe ich ja noch nie erlebt, dass einer vor seiner Aussage zum Staatsanwalt geht. Und dass es dazu nicht einmal einen Vermerk gibt." Im Akt finde sich nichts zu diesem Treffen, zudem treffe sich kein normaler Mensch von sich aus mit einem Staatsanwalt, schimpft Ainedter. Eine kleine Umfrage in der Pause ergab: Dieser Vorgang scheint wirklich ungewöhnlich zu sein. Die Anwälte sehen einen möglichen Amtsmissbrauch.
Berner muss wiederkommen
Die Richterin fragt Berner, ob er eine Abneigung gegen Grasser hege. "Nein, nein, im Gegenteil", sagt dieser. "Ich habe ihn für den Professionellsten unter den FPÖ-Politikern gehalten." Die Liebe von Ramprecht zu Grasser habe er aber nicht geteilt.
Der Prozesstag neigt sich einem Ende zu, die Richterin ist aber noch nicht fertig mit Berner. Und vor allem die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger haben noch zahlreiche Fragen. Also muss Berner wiederkommen - wohl im Herbst.
Morgen wird Ramprecht erneut befragt
Zum Abschluss der Verhandlungstage im Juli ist dann für Donnerstag erneut der Belastungszeuge Michael Ramprecht geladen. Zuletzt hatte Richterin Marion Hohenecker seine Befragung durch die Anwälte der Angeklagten abgebrochen, weil die Stimmung sehr emotional wurde.
Weiters soll am Donnerstag ein ehemaliger Mitarbeiter der Investmentbank Lehman Brothers, die die Privatisierung begleitete, erneut befragt werden.
Dann geht das Gericht in die Sommerpause: Im August sind keine Verhandlungstage angesetzt.