Frau Matejka, Justizminister Clemens Jabloner spricht von einem „stillen Tod der Justiz“. Wie sieht das aus Sicht der Richterschaft aus?

Sabine Matejka: Die Feststellung des Ministers trifft leider zu. Wir hatten in den letzten Jahren massive Personaleinbußen und Budgetkürzungen und merken an immer mehr Standorten, dass wir unsere Leistungen nicht mehr oder nicht mehr in gewohnter Zeit erbringen können.

Woran mangelt es konkret?

Der größte Mangel herrscht im Bereich der Kanzlei- und Schreibkräfte, wo wir in den vergangenen Jahren die größten Abgänge hatten. Dadurch fehlt den Richtern die Zuarbeit durch die Kanzleimitarbeiter. Es fehlen aber auch Richter. Ausfertigungsfristen, das Schreiben von Protokollen dauert oft mehrere Wochen, wir können den Parteienverkehr nicht mehr so aufrechterhalten wie bisher.

Sabine Matejka, Präsidentin der Richtervereinigung
Sabine Matejka, Präsidentin der Richtervereinigung © APA/ROBERT JAEGER

Was wären die Folgen für die Bürger, wenn das so bleibt und niemand gegensteuert?

Gewisse Dienstleistungen werden nicht mehr erbracht werden können, wie eben die permanente Erreichbarkeit. Zum anderen natürlich Verfahrensverzögerungen. Denn jeder Verfahrensschritt, und sei es noch so ein kleiner, der länger dauert, wirkt sich auf das Verfahren aus.

Was erwarten Sie von der nächsten Regierungskoalition?

Die Justiz muss ausreichend budgetiert werden. Der Minister hat richtig festgestellt, dass wir seit Jahren unterbudgetiert sind. Wir brauchen die erforderlichen Mittel, um rasch und effizient Verfahren zu führen. Die Forderung für rasche Entscheidungen ist für die Wirtschaft wichtig, für die Bürger wichtig.

Wie viel Geld aus dem Budget wäre dafür nötig?

Genau beziffern kann ich das nicht, aber Minister Jabloner zufolge fehlen alleine heuer 70 Millionen Euro. Außerdem waren der Justiz heuer noch rund 20 Millionen Euro für die Digitalisierung zugesagt – ob diese fließen werden, ist derzeit unklar. Aber nur Planstellen werden zu wenig sein: Aktuell stehen auch viele Sanierungsmaßnahmen an, im Strafvollzug, aber auch viele Gerichtsgebäude und Staatsanwaltschaften entsprechen nicht mehr den heutigen Standards. Da staut sich seit Jahren Sanierungsbedarf auf, da werden sicher noch einige Hundert Millionen zusätzlich notwendig sein.