Der Europarat rügt in einem heute erscheinenden Bericht Österreich: Bei Transparenzregeln sei nur ein einziger Punkt erfüllt worden und fünf in Arbeit, 13 Punkte seien unerledigt.

Nicht nur bei transparenten Parteifinanzen sehen internationale Experten Nachholbedarf, auch mit den Regeln für Abgeordnete ist das Parlament im Verzug. Der Europarat hat vor zweieinhalb Jahren eine Reihe von Reformen eingemahnt, darunter die Offenlegung von Vermögenswerten und einen Verhaltenskodex. Eine dazu eingesetzte Arbeitsgruppe hat bis heute kein Ergebnis vorgelegt und wird wegen der Neuwahl weiter vertagt.

"Es ist schade, dass es nicht dazu gekommen ist. Ich hätte gedacht, nach Ibiza rennt man offene Türen ein", kritisiert Irmgard Griss, die die Neos in der Arbeitsgruppe vertritt, vor zwei Tagen in der APA. Während ÖVP und FPÖ laut dem Bericht mit einer Vertagung auf die kommende Gesetzgebungsperiode rechnen, will sie noch einen Anlauf unternehmen. Kritik kommt auch von Jetzt-Klubchef Wolfgang Zinggl, der insbesondere die Bereitschaft zu Kontrollen und Sanktionen vermisst. Das Parlament hat vor zwei Jahren zwar eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Reformen gibt es aber bis heute nicht.

Heute veröffentlicht der Staatenbund GRECO des Europarates aber nun einen Report, in dem den Österreichern kein gutes Zeugnis ausgestellt wird. Wie es heißt, habe Österreich lediglich in einem von 19 Punkten einen konkreten Fortschritt erzielt, fünf Punkte seien in Arbeit, der Rest, 13 Punkte, unerledigt.

Festgehalten wird, dass Österreich Ende letzten Jahres einen Lagebericht erstattet hat und Russland und Liechtenstein als Beobachter eingesetzt wurden.

Transparenz und Spielregeln

Worum geht es dabei? Etwa um Transparenz und Bürgerbeteiligung bei Begutachtungsverfahren, wie sie bereits über das Portal „help.gv.at“ umgesetzt wurde. Darüber hinaus geht es aber auch um einen Verhaltenskodex (oder Ethikkodex) für Abgeordnete, ein Meldesystem für Einkünfte und Nebenbeschäftigungen von Abgeordneten, wenn es um Interessenskonflikte geht, innerhalb des Parlaments interne Regeln und Orientierungshilfen betreffend die Annahme, Bewertung und Offenlegung von Geschenken, Bewirtung und anderen Vorteilen, dass die zukünftigen Meldungen zu Einkommen, Vermögen und Interessen oder Beteiligungen von einem Organ überwacht werden sollten, das mit einem entsprechenden Mandat, den rechtlichen und sonstigen Mitteln ausgestattet ist usw.

Eine parlamentarische Arbeitsgruppe wurde dazu eingerichtet, die Arbeit ging aber wegen der Regierungsbildung 2017 erst mit Verspätung vonstatten.

Nicht umgesetzt wurde laut GRECO nun etwa die Leistungsbeurteilung von Richtern oder die Empfehlung, das gleichzeitige Innehaben des Richteramtes und des Amtes eines Mitgliedes einer Bundes- oder Landes-Exekutiv- oder Legislativbehörde gesetzlich zu beschränken sowie einiger Compliance-Regeln für Richter.

Wie es in dem Bericht heißt, seien die Ergebnisse „klar unbefriedigend“; Österreich wird dazu aufgefordert, dringend Stellung zu beziehen.

Allerdings bezieht sich die GRECO-Kritik auf die im Mai erst abgetretene Regierung; was nichts daran ändert, dass auch für die Übergangsregierung die Zeit drängt, die Rede ist vom Ende dieses Jahres.

Griss will nun im September einen weiteren Anlauf starten. Aus ihrer Sicht hätte man sich zumindest auf den Verhaltenskodex einigen können. Weil darüber hinausgehende Forderungen zur Vermögenstransparenz bisher nicht mehrheitsfähig waren, überlegen die NEOS, diese vorerst intern umzusetzen. Für Zinggl wäre der Verhaltenskodex alleine nicht für ausreichend. "Sie wollen nichts ändern", kritisiert er das Verhalten der anderen Parteien. Eine Vertagung wegen der Neuwahl hält er für eine Ausrede - wie schon 2017: "Es ist davor nichts passiert und danach nichts passiert."

Für die SPÖ weist Klaus-Uwe Feichtinger diesen Vorwurf laut Agenturmeldung zwar zurück und betont, dass zumindest der Verhaltenskodex beschlussfähig wäre. Allerdings bestätigt Feichtinger die Vorbehalte gegen zusätzliche Transparenzbestimmungen, insbesondere beim Vermögen: "Da gehören zuerst die Transparenzregeln für die Regierungsmitglieder verschärft, denn der Einfluss der Abgeordneten auf die Vergabe von Aufträgen ist maximal ein mittelbarer."

Ähnlich sieht das Robert Lugar von der FPÖ, der zudem meint, dass die Suche nach Kandidaten mit strengeren Regeln noch schwieriger würde. Zudem wären einige der GRECO-Vorschläge aus seiner Sicht eher für Länder wie Rumänien und Bulgarien gedacht und "für uns nicht unmittelbar anwendbar". Dazu zählt Lugar etwa die Einbeziehung der Ehepartner in die Meldepflicht.

Dass vor der Wahl noch etwas beschlossen werden könnte, glaubt Lugar aber ebensowenig wie Karl Mahrer von der ÖVP. Mahrer geht davon aus, dass sich der neue Nationalrat nach der Wahl rasch mit dem Thema befassen werde. Inhaltlich will sich Mahrer nicht festlegen. Der Europaratsbericht zeigt für ihn, dass man im internationalen Standard zwar gut liege, aber noch "Nachbesserungsbedarf" habe.