Was hat die ÖVP strategisch für einen Grund, sich jetzt auf Herbert Kickl einzuschießen?
Peter Filzmaier: Wahlstrategisch macht das Sinn, weil es ein Signal an gleich zwei ÖVP-Wählergruppen ist, die man selten gleichzeitig erreicht: die bürgerlich-liberalen, wo eine Abgrenzung von Kickl sinnvoll ist, weil er als Inbegriff des Rechten gilt. Und eine klassische konservative Wählerschicht, die sich zwar rechts sieht, bei der aber das Unbehagen groß wird, wenn es zu weit geht.
Was hat Kickl getan, dass er gleich mehreren Gruppen als Gottseibeiuns gilt?
Er hat Ausreizung der radikalen Sprache von „Daham statt Islam“ bis „Ausreisezentrum“ auf den Gipfel getrieben.
Hat es aus Sicht der FPÖ Sinn, an Kickl festzuhalten?
Für die Mobilisierung der traditionellen FPÖ-Wählerschichten ja. Kickl hat in Summe schlechte Beliebtheitswerte, aber bei regelmäßigen FPÖ-Wählern gute. So wie sich die Symbolfigur Kickl für Angriffe der ÖVP eignet, eignet sie sich auch zum Halten dieser Wähler durch die FPÖ.
Also ist das, was da gerade passiert, eine Win-win-Situation.
Es hilft beiden Seiten bei der Wähleransprache. Was mich eher verwundert, ist die Zeitplanung: Im Sommerloch statt rund um die Abwahl Kurz’ im Parlament oder zu Beginn des Intensivwahlkampfes. Einzige Erklärung, die ich sehe: Man will Kurz heraushalten.
Kann Türkis-Blau nach so einem Konflikt nochmals zusammenfinden?
Auf den ersten Blick scheint das ein Problem zu sein. Auf den zweiten Blick ist es aus Sicht der ÖVP aber nicht so groß: Die FPÖ will unbedingt regieren – außer der ÖVP hat sie aber keine Optionen. Aus Sicht der FPÖ kann es schwieriger werden, wenn man den Wählern jetzt erklärt, wir lassen uns den Herbert nicht herausschießen, und dann keinen Ministerposten für ihn hat. Aber das Ausstiegsszenario ist offensichtlich: Kickl bleibt einfach Klubobmann