Wie schon im Vorjahr, als er publikumswirksam auf den Grazer Schöckl marschiert war, verbringt ÖVP-Chef Sebastian Kurz einen Teil des Sommers in den Bergen: Wahlkämpfend und über Politik plaudernd in einem sportlichen Ambiente.

Begonnen hat er seine Tour am Sonntag im Tiroler Seefeld, wo er unter anderem mit Landeshauptmann Günther Platter und Ex-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck auf die Rosshütte (1.760 Meter) wanderte, wo er eine Wahlkampfrede hielt.

In den Sozialen Medien, wo Kurz die Bilder naturgemäß gleich verwertete, freute sich Kurz über "mehr als 800 Unterstützer", die dabei gewesen seien:

Eine beachtlichte Zahl - die sich aber in den Fotos der Veranstaltung nicht wiederfindet. Wie aufmerksame (und eher Kurz-kritische) Twitter-User feststellten, sind auf den im Webcam-Archiv der Seefelder Bergbahnen abrufbaren Panorama-Kameraaufnahmen gerade einmal einige Dutzend Wanderer in Kurz' Tross zu sehen, jedenfalls keine 800:

Hier kommt Kurz' Wanderzug an der Rosshütte an.
Hier kommt Kurz' Wanderzug an der Rosshütte an. © Screenshot / Seefelder Bergbahnen

Auch beim "Zieleinlauf" durch den Sebastian-Kurz-Bogen sind nicht viel mehr Leute zu sehen:

Fünf Minuten später bewegt sich der Tross Richtung Hütte.
Fünf Minuten später bewegt sich der Tross Richtung Hütte. © Screenshot / Seefelder Bergbahnen

Allerding lässt sich aus der Zahl der Wanderer nicht die ganze Teilnehmerzahl ableiten; auch weil die ÖVP die Kosten für die Bergfahrt übernahm, waren es dann doch eine ganze Menge Leute, die Kurz' Rede am Berg lauschten - hier ein Bild aus dem offiziellen ÖVP-Fotoalbum des Events:

© ÖVP/JAKOB GLASER

800 dürfte aber auch hier recht optimistisch geschätzt sein: Die (parteiischen) Faktenchecker von "FPÖ fails" haben jeden auf dieser Szene zu sehenden Menschen mit einem Punkt markiert - und kommen in Summe auf rund 300 Zuschauer:

In der ÖVP verweist man auf mehr als rund 1.000 Anmeldungen und die Tatsache, dass rund 750 der vorbereiteten Jausensackerln mitgenommen wurden: "Wir erfinden keine Zahlen", sagt ein Sprecher. Die vergleichsweise leeren Fotos ließen sich durch unterschiedliche Marschrouten erklären, die die Teilnehmer genommen hätten.

Mit zu hoch angesetzten Teilnehmerzahlen wären Kurz und die ÖVP natürlich nicht alleine: Gut in Erinnerung ist etwa, wie die SPÖ am 1. Mai stolz verkündet hatte, ihre Reden am Wiener Rathausplatz vor 120.000 Menschen gehalten zu haben. Die Polizei zählte dagegen auf Aufnahmen vom Polizeihubschrauber aus nicht einmal 12.000 Menschen.

Auch die Veranstalter der Akademikerball-Demos dürften sich verschätzt haben: Brüsteten sie sich im Jänner mit rund 4.500 Teilnehmern, zählten Experten der TU Wien  mit technischen Methoden nur rund 1.800 Demonstranten.

Ungekrönter Meister der Disziplin ist aber US-Präsident Donald Trump, dessen Sprecher bei der Amtseinführung 2017 von der "größten Zuschauerzahl aller Zeiten" sprach - trotz dieses Bildervergleichs zwischen Obamas Einführung (oben) und Trumps (unten):