Kritische Fragen zu der von Türkis-Blau als "Sicherheitspaket" vermarkteten Befugniserweiterung für die Polizei bei der Überwachung der Handykommunikation und via Verkehrskameras hat es am Dienstag in einer öffentlichen Verhandlung im Verfassungsgerichtshof (VfGH) gesetzt. Einen Beschluss gab es noch nicht, immerhin aber die Premiere der Vorsitzführung durch Vizepräsident Christoph Grabenwarter.
Auf Antrag von NEOS und SPÖ ging es um den "Bundestrojaner", der die Durchsuchung verschlüsselt gesendeter oder empfangener Nachrichten durch eine (ohne Wissen des Inhabers installierte) Überwachungssoftware ermöglicht. Im Fokus waren aber auch weitere 2018 beschlossene Polizeibefugnisse, darunter die Möglichkeit zur Videoüberwachung und die anlasslose automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen.
Technische Möglichkeiten
Referent Christoph Herbst ließ dabei durchaus Verständnis für die Argumente der von Rechtsanwalt Michael Rohregger vertretenen NEOS gegen die Maßnahmen erkennen. "Ich stimme darin überein, dass es nicht auf die technischen Möglichkeiten ankommt, sondern darauf, was der Gesetzgeber an technischen Möglichkeiten eröffnet", sagte Herbst.
Rohregger warnte davor, dass die durch das Gesetz ermöglichte Streubreite eine großen Teil der Bevölkerung zu anlasslos überwachten Subjekten zu machen drohe. Österreich solle sich nicht in die Warteschlange jener autoritären Staaten einreihen, die sich bereits heute um chinesische Überwachungstechnologien bemühten. Der Gesetzgeber habe offensichtlich die vom VfGH bei seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung gegebenen Vorgaben nicht berücksichtigt, so der Anwalt.
Der Legistiker Walter Grosinger aus dem Innenministerium ließ dies nicht gelten. Der automatisierte Abgleich des erfassten Gesichtsfelds mit irgendwelchen Informationen der Behörden sei nicht nur nicht vorgesehen, sondern derzeit technisch auch nicht möglich. Gelöscht würden die Daten automatisiert.
Beim Thema Bundestrojaner warnte Rohregger davor, dass der Staat "mit der Brechstange" anrücke, um an die verschlüsselte Kommunikation Verdächtiger auf ihrem Smartphone oder PC zu gelangen. Was geplant sei, gehe deutlich über das hinaus, was im Rahmen einer Hausdurchsuchung erlaubt sei.
WhatsApp-Überwachung
Für das Justizministerium bestritt Sektionschef Christian Pilnacek dies vehement und verwies auf einschlägige Judikatur des VfGH. Auch den Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshof betonte er. Das Überwachungssystem, das man für Whatsapp und andere Ende-Zu-Ende verschlüsselte Kommunikation brauche, sei noch nicht angekauft. Es müsse sich jedenfalls detailliert an die Vorgaben der gesetzlichen Bestimmungen halten und etwa ausschließlich auf Kommunikationsdaten zugreifen.