Er ist Wiener, und auch ein bisschen Steirer. Er ist einer der höchsten Beamten, und jetzt auch ein bisschen Politiker. Er ist Jurist, und gleichzeitig einer der intimsten Kenner des politischen und wirtschaftlichen Who is Who in Österreich, ohne mit irgendwelchen Promis intim zu sein: Wolfgang Peschorn, ist der Mann, den die neue Kanzlerin Brigitte Bierlein und Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Überraschungscoup aus dem Hut zauberten - jener Mann, der als Interims-Innenminister eine Schlüsselstelle im Übergangs-Kabinett einnehmen wird.
Wolfgang Peschorn ist farblich ein Niemand: Gekürt wurde er 2006 vom seinerzeitigen FPÖ-ÖVP-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Wenige Monate später sorgte er, als Person noch von vielen unbeachtet, dafür beim SK Sturm unter Präsident Hannes Kartnig reiner Tisch gemacht wurde. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass just an jenem Tag, an dem Peschorn seinen Werdegang mit der Auslobung als Innenminister kürte, der Grazer ehemalige Pleite-Verein seinen Einstieg in die Qualifikation zur Europa League feierte. Auch wenn ihn eine Niederlage dorhin führte.
Auch Peschorn hat viele Niederlagen hinter sich, aber über die spricht er nicht. Für die feinen Nuancen des politischen Getriebes hat er eine feine Nase, aber manchmal reicht die Nase nicht. Zwei Schritte nach vor, einer zurück, das ist seine Welt. Aber fast immer geht es in der Langfrist-Perspektive nach vorn.
Auf der SK Sturm folgte der GAK, im Endeffekt wurde das ganze Fußball-Getriebe in Österreich auf neue, auch wirtschaftlich und vor allem steuerlich vertretbare Beine gestellt, sodass nicht, wie früher, der Steuerzahler für die Großmannssucht einzelner Akteure blechen musste.
Gleich nach Amtsantritt ereilten ihn die Folgen der BAWAG-Krise. Einen Finanzgarantie des Bundes, so trickreich gebastelt, dass sie nie schlagend wurde bis die Bank verkauft werden konnte, bewahrte den Steuerzahler vor der Haftung.
Jahre nach der Pleite des Finanzdienstleisters AMIS sorgte Peschorn dafür, dass sich der Schaden für die Republik in Grenzen hielt, indem er sich in deren Namen mit den meisten Gläubigern verglich.
2010 gründete er - unter ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer - die CSI Hypo, begleitet von viel Schelte jener, denen er damit auf die Pelle rückte, und derer, die sich diesen verbunden fühlten. Ziel war es, Material für Schadenersatzansprüche des Bundes zu sammeln.
Nachdem sich ein Untersuchungausschuss und sieben Rechungshofberichte abgearbeitet hatten an der Causa Eurofighter rief er - unter SPÖ-Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil die Task-Force Eurofighter, um endlich Rahmenbedingungen für Beschaffungsvorgänge zu etablieren, bei denen die Republik nicht programmgemäß den Kürzeren zog. Ohne "Gegengeschäfte", die meist nur das Geschäft anderer waren.
Schon im Eurofighter-Untersuchungsausschuss I und jetzt wieder, beim zweiten Untersuchungsausschuss, war er Master of the Universe, was die berühmten "Schwärzungen" betrifft: Er gewann das Vertrauen des Parlaments - sowohl jenes von ÖVP-Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka als auch jenes von "Chef-Aufdecker" Peter Pilz und zuvor schon jenes des streitbaren Grünen Werner Kogler - , indem er auf den Grenzen bestand, die das Recht vorsehen, um die Republik vor weiteren Schaden zu bewahren, und andererseits zweckdienliche Hinweis zum Klärung des Zahlungsflusses gab.
Die letzte Meldung stammt von Anfang Mai. Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, der die Republik Österreich als Privatbeteiligte im Ermittlungsverfahren gegen Airbus vertritt, sieht durch den von den NEOS veröffentlichen Strafbefehl des Landgerichtes München den Betrugsverdacht als erhärtet an. Nun liege es an den österreichischen Strafbehörden, "den begründeten Verdacht, dass Österreich beim Kauf der Eurofighter, bei der Abwicklung der Gegengeschäfte und beim sogenannten Vergleich im Jahr 2007 betrogen wurde, zielstrebig und sorgfältig zu untersuchen".
Als Anwalt der Republik wurde Peschorn zum Schreckgespenst derer, die gerne im Verborgenen arbeiteten, um ihre eigenen Interessen zu maximieren.
Unter ihm als Innenminister werden sich jene anhalten müssen, die gerne die Decke breiten würden über den einen oder anderen Vorgang im BVT, auf Ibiza, etc.
Auch wenn ihm nur maximal fünf Monate Zeit blieben: Man darf davon ausgehen, dass Wolfgang Peschorn sie maximal nützen wird. Loyal bis in die Knochen, immer in enger Absprache mit der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten. "Politische" Alleingänge wagt er als Beamter nie. Peschorn hat den langfristigen Nutzen für den Steuerzahler im Auge, das ist vermutlich auch der Grund dafür, dass er jetzt derjenige ist, der ihn in den Augen der Übergangskanzlerin zum Mann der Stunde machte.
Claudia Gigler