Kraker plädiert schon länger für eine Verschärfung der Transparenzregeln für Parteien. Mit dem "Ibiza-Video" sieht sie den Moment zur Umsetzung nun gekommen. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt da. Diese Probleme müssen unverzüglich abgestellt werden." Sie fordert die Parteien auf, das Parteiengesetz noch vor der Wahl im Herbst zu verschärfen: "Man kann nicht dauerhaft sagen, da gibt es Mängel, aber man tut nichts."

Die Rechnungshofpräsidentin schlägt ein Fünf-Punkte-Programm vor, das unter anderem ein "echtes Prüfrecht" des Rechnungshofs für Parteifinanzen vorsieht. Er soll nicht nur einmal jährlich die Rechenschaftsberichte der Parteien erhalten, sondern tatsächlich auch deren Bücher kontrollieren dürfen. Außerdem soll es strenge Auflagen für Vereine, Komitees und parteinahe Organisationen geben. Sie sollen Parteispenden an den Rechnungshof melden und die Herkunft ihrer Mittel offenlegen. Für "grobe Zuwiderhandlungen" hält Kraker auch strafrechtliche Sanktionen für überlegenswert.

Die Offenlegung der Wahlfinanzen will Kraker beschleunigen. Weil die Rechenschaftsberichte erst mit eineinhalb Jahren Verspätung öffentlich werden, sollen die Parteien künftig einen eigenen Wahlkampfkostenbericht vorlegen. Und zwar spätestens drei Monate nach der Wahl. Und für die Rechenschaftsberichte des Wahljahres 2017 kündigt Kraker die Veröffentlichung vor dem Wahltermin im Herbst an: "Wir arbeiten mit Hochdruck daran."

Verschärfen will Kraker auch die Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz. "Jetzt kommen die Sanktionen spät und wirken nicht präventiv", sagt Kraker zu den vorgesehenen Geldbußen von bis zu 100.000 Euro. Künftig will der Rechnungshof selbst anstelle des Parteien-Transparenz-Senats im Kanzleramt die Strafen verhängen. Darüber habe sie lange nachgedacht, so Kraker, aber: "Daran führt kein Weg vorbei, weil es für den Rechnungshof wichtig ist, dass er etwas in der Hand hat." Auf konkrete Summen will sich Kraker nicht festlegen, nur so viel: "Die Höhe der Strafe muss generalpräventive Wirkung haben."

Schließlich will Kraker die Auszahlung der Parteienförderung vom Kanzleramt ins Parlament verlagern. Das Parlament soll außerdem nähere Richtlinien für die Verwendung der Mittel festlegen - etwa was die Social Media-Aktivitäten der Parteien angeht. "Die Parteien sollten sich ein engeres Korsett geben", findet Kraker.

Über das "Ibiza-Video" mit dem zurückgetretenen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache war Kraker "schockiert". Nun sieht sie das Parlament gefordert: "Alle im Parlament vertretenen Parteien müssten ein Interesse an einem fairen Wettbewerb und guten demokratischen Spielregeln haben."

Der Politikwissenschafter Hubert Sickinger begrüßte die Vorschläge des Rechnungshofs zur Verschärfung des Parteiengesetzes. Sowohl die Verhängung von Sanktionen direkt durch den Rechnungshof als auch die Einbeziehung von parteinahen Vereinen hält Sickinger für praktikabel. Er plädiert bei gravierenden Verstößen gegen die Transparenzregeln aber weiterhin für strafrechtliche Sanktionen.

Europaminister Gernot Blümel (ÖVP) antwortete vor dem EU-Kulturrat auf die Frage, ob der Rechnungshof Einblick in die Parteibücher nehmen und Strafen verhängen soll, ausweichend. "Es gibt viele verschiedene Anregungen", so Blümel und verwies auf die "möglichst rasche" Neuwahl wahrscheinlich Anfang September, "um schnell weiterarbeiten zu können".

Ob ein entsprechendes Gesetz zur Parteienfinanzierung vor September auf den Weg gebracht werden könnte, sei "eine Frage der Verhandlung zwischen den Parlamentsparteien". Zum jetzigen Zeitpunkt wollte Blümel keine Aussagen über deren Strategien machen und verwies auf die "schwierige Situation" vor Wahlen.

Die NEOS unterstützen die Forderungen von Kraker zur Verschärfung der Parteientransparenz. Die Vorsitzende des Rechnungshofausschusses Irmgard Griss fordert zusätzlich zu Rechnungshofkontrolle und Sanktionen auch einen Straftatbestand "illegale Parteienfinanzierung" sowie eine "Politikerhaftung".

Der designierte FP-Chef Norbert Hofer forderte eine Spendenobergrenze von 3.500 Euro. Höhere Beträge sollen die Parteien nicht entgegennehmen dürfen. Die Vorschläge von Rechnungshofpräsidentin Kraker lehnte die FPÖ allerdings ab. Klubchef Walter Rosenkranz konnte sich im Ö1-Mittagsjournal weder für die Prüfung der Parteifinanzen noch die Verhängung von Strafen durch den Rechnungshof erwärmen.

SP-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda plädierte als Sofortmaßnahme für eine Spendenobergrenze von 10.000 Euro pro Einzelspende bzw. 200.000 Euro pro Wahlkampf. Über weitere Maßnahmen soll dann bei einem "Runden Tisch" gesprochen werden, befand Drozda im ORF-Radio.

JETZT-Klubchef Wolfgang Zinggl plädierte für eine Reform des Parteiengesetzes und will auch dem Rechnungshof Einblick in die Parteifinanzen gewähren. "Um dem Rechnungshof eine wirksame Kontrolle zu ermöglichen, muss er Einsicht in alle Belege der Parteien und ihnen nahestehenden Organisationen bekommen", forderte Zinggl in einer Aussendung. Und er plädiert ebenfalls für eine Begrenzung der Spenden sowie für die gerichtliche Strafbarkeit von vorsätzlichen Falschmeldungen. Auch Grünen-Chef Werner Kogler forderte am Donnerstag schärfere Sanktions- und Kontrollmöglichkeiten noch vor der Nationalratswahl.

Keine Stellungnahme zu den Rechnungshof-Vorschlägen gab es vorerst seitens der SPÖ. Allerdings hat zuletzt die SPÖ neben der FPÖ ein Verbot von Großspenden in den Raum gestellt, das in den Kraker-Vorschlägen nicht vorkommt.