Herr Minister, Sie packen im Ministerium bereits Ihre Sachen?
MARIO KUNASEK: Ja, ich bin dabei, die Dinge zu ordnen und korrekt abzuschließen.
Warum hat die FPÖ Innenminister Herbert Kickl zum Faustpfand für einen Verbleib in der Regierung gemacht?
Er ist eine tragende Säule unserer Regierungsmannschaft gewesen. Außerdem hat er sich nichts zuschulden kommen lassen. Daher war es im Sinne der Geschlossenheit erforderlich, dass wir uns hinter ihn stellen.
Das war wichtiger als die Regierungsarbeit für Österreich?
Angesichts der aktuellen Lage kannst du ja sowieso keine Zukunftsprojekte mehr starten. Jetzt noch drei Monate Minister zu spielen, das wäre Sesselkleberei. Außerdem wäre es für mich auch emotional sehr schwierig, noch zu bleiben, wenn jemand in dieser Form die Koalition aufkündigt.
Warum?
In den letzten Stunden und Tagen wurde einfach zu viel Porzellan zerschlagen. In der ÖVP hat sich offenbar eine Kraft durchgesetzt, die uns nicht will.
Was sagen Sie zum Argument, Kickl könne nicht Innenminister sein, wenn zeitgleich gegen ihn ermittelt wird?
Es hat in der Politik schon öfter ähnliche Situationen gegeben, da wurde das noch nie als Problem gesehen. Es kann nicht sein, dass man den Behörden pauschal unterstellt, nicht objektiv zu arbeiten. Präsident Van der Bellen soll bitte einen Grund für Kickls Abberufung nennen.
Kickl hat die ÖVP als machtbesoffene Truppe hingestellt. Wenn das so ist, wieso hat die FPÖ davon eineinhalb Jahre nichts bemerkt?
Ich sage klar: Wir haben bis vor ein paar Wochen sehr, sehr gut mit dieser ÖVP zusammengearbeitet. Wir haben super Projekte auf Schiene gebracht, vom Familienbonus über die Arbeitszeitreform bis zur Steuerreform. Es hat ja auf der Straße draußen keiner ein Verständnis für das, was jetzt abgeht. Was da passiert ist, ist für mich teilweise nicht erklärlich.
Die FPÖ hat jetzt den Vorteil, quasi aus der Opposition in den Wahlkampf zu gehen. Das gilt ja als ihre Spezialität.
Das war am Sonntag im Parteipräsidium keine Überlegung. Wir haben uns gefragt, was bleibt von uns übrig, wenn Kickl jetzt gehen muss? Wir haben das gründlich diskutiert. Es gab auch die andere Denke: Bleibt in den Kabinetten, um handlungsfähig zu bleiben! Aber noch wichtiger ist, dass wir die Geschlossenheit gewahrt haben.
Wenn die SPÖ im Nationalrat einen Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz stellt: Stimmt die FPÖ dann zu?
An das habe ich ehrlich gesagt noch nicht gedacht. Aber es sollte jetzt nicht der totale Krieg ausbrechen. Das ist nicht notwendig. Andererseits muss ich schon sagen: Mein Vertrauen in die ÖVP ist etwas getrübt. Wenn es im Nationalrat zum freien Spiel der Kräfte kommt, dann wird es vermutlich so manche Dynamik geben, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.
Was denken Sie sich heute im Rückblick über Heinz-Christian Strache? Sie sind ihm ja lange und begeistert gefolgt.
Ich werde niemals voller Selbstgerechtigkeit mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen. Es liegt nicht in meinem Naturell, da nachzutreten. Er hat Fehler gemacht, hat diese auch eingestanden und sogleich die richtigen Konsequenzen gezogen. Ich empfinde keinen Groll, sondern es tut mir im Grunde irrsinnig leid – für ihn, aber auch für die FPÖ und uns alle. Jedenfalls werde ich nicht vergessen, was er in diesen vielen Jahren für die Partei Positives geleistet hat. Diesen Abgang hat er sich nicht verdient.
Neigen Sie zur These, es hätten nur zwei Personen, Strache und Gudenus, ganz isoliert ein Fehlverhalten gesetzt? Oder hat die FPÖ insgesamt Schwierigkeiten mit der korrekten Ausübung von politischer Macht?
Nein, das ist nicht der Fall. Keine Frage, hier ist ein schwerwiegender Fehler passiert. Aber es wäre jetzt total falsch und ungerecht, wenn man die gesamte Partei in Geiselhaft nimmt und behauptet, ihr seids regierungsunfähig. Dafür gibt es keinen sachlichen Grund. Also muss man da bitte differenzieren.
Sie selbst haben gar nicht für den Nationalrat kandidiert. Kehren Sie jetzt in den steirischen Landtag zurück?
Das werde ich mit meinen Freunden in den nächsten Tagen klären. Stefan Hermann ist ja ein guter Klubobmann im Land. Ich werde sicher landespolitisch wieder in Erscheinung treten und wirken. Ich kann aber nicht sagen, ob das in einer Woche oder in einem Monat sein wird. Wichtig ist, dass wir unsere Ministerämter in geordneter Form an unsere Nachfolger übergeben.