Das Skandalvideo von Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat am Wochenende zu einem vorzeitigen Ende der ÖVP-FPÖ-Regierung nach 1,5 Jahren geführt. Eine ganze Reihe von Regierungsvorhaben hängt dadurch in der Luft - allen voran die Steuerreform. Offen blieb unter anderem auch die Reform der Pflege oder der Notstandshilfe.
Erst im April 2019 präsentierte die Koalition ihre lang angekündigte Steuerreform. In Begutachtung geschickt wurde bisher aber nur ein Teil der ersten Etappe der Reform - der unter anderem die Neuberechnung der Normverbrauchsabgabe für Neuwagen und Erleichterungen für Unternehmer vorsieht.
Ausständig ist dagegen der für das kommende Jahr eigentlich bedeutendere Teil, nämlich die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Kleinverdiener. Überhaupt nichts mehr werden dürfte es mit der angekündigten Lohnsteuersenkung ab 2021, denn dafür gibt noch nicht einmal einen Entwurf.
Ein reguläres Budget für 2020 wird es wohl auch nicht mehr geben. Die Budgetrede war für 15. Oktober angesetzt, das ist wohl erst nach dem Neuwahltermin. Damit dürfte die neue Regierung wieder mit einem Doppelbudget starten.
Unklar ist auch, was mit einer weiteren Reihe von Vorhaben geschieht, die in Begutachtung geschickt, aber noch nicht beschlossen wurden. Dazu zählt unter anderem die Reform der Bankenaufsicht, die künftig in der Finanzmarktaufsicht (FMA) konzentriert werden soll. Bis zum Sommer sollte eigentlich auch die Änderungen bei der Transparenzdatenbank im Nationalrat beschlossen werden. Der Parlaments-Beschluss des Gewaltschutz-Pakets war überhaupt erst für den Herbst angepeilt.
Für die angekündigte Anhebung der Mindestpensionen mit langen Versicherungszeiten, die 2020 in Kraft treten sollte, gibt es noch nicht einmal einen Begutachtungsentwurf. Auch das geplante Arbeitslosengeld Neu, in dem die Notstandshilfe aufgehen sollte, und die Pflege-Reform sind offen geblieben. Nichts wird es vorerst wohl auch mit der Reform des ORF-Gesetzes. Bereits beschlossen wurde zwar die Mindestsicherungs-Reform, die Bundesländer müssen diese allerdings erst bis spätestens Mitte 2021 umsetzen.
Im ersten Jahr brachte die Regierung dagegen gleich zwei größere Reformen auf den Weg: die von Wirtschaft und Industrie geforderte und von Arbeitnehmervertretern scharf kritisierte Arbeitszeitflexibilisierung ("12-Stunden-Tag") sowie die 2019 angelaufene Fusion der Gebietskrankenkassen samt Schwächung der Arbeitnehmerseite. Eingeführt wurden unter anderem auch die umstrittene Indexierung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder und der Familienbonus. Außerdem wurde das von der Vorgängerregierung beschlossene Rauchverbot in der Gastronomie gekippt.