Fassungslos reagiert NEOS-Vorsitzende und Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger angesichts des heute bekannt gewordenen Videos von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus: "Wenn sich dieser Bericht und dieses Video als wahr herausstellen sollte, ist eines klar: Strache und Gudenus sind rücktrittsreif. Und ebenfalls klar: Diese Regierung ist am Ende, das muss auch Sebastian Kurz einsehen. An Neuwahlen führt kein Weg mehr vorbei", so Meinl-Reisinger.
Die Plattform "aufstehn.at" stellte eine Rücktrittsaufforderung live, der sich innerhalb weniger Stunden tausende Menschen per Online-Unterschrift anschlossen.
"Gestern sind wir NEOS noch im Parlament von der FPÖ verlacht worden, als wir die Russland-Verbindungen der FPÖ thematisiert haben. Und jetzt sehen wir dieses Video. Von Verschwörungstheorien kann wohl keine Rede mehr sein", erklärt Beate Meinl-Reisinger. "Ob es von Kanzler Kurz wirklich klug war, unsere Warnungen so in den Wind zu schlagen und eine reine Wahlkampfrede zu halten, muss er wohl für sich entscheiden", so Meinl-Reisinger, die sich vor allem in dem Punkt, dass es ein System der illegalen Parteienfinanzierung gibt, mit der heutigen Geschichte bestätigt sieht.
"Dass der heutige Vizekanzler offen mehrere Möglichkeiten in Aussicht stellt, wie Gegenleistungen an die "russische Oligarchin" aussehen könnten und dabei Möglichkeiten illegaler Parteispenden nennt, lässt mich als Politikerin und Bürgerin fassungslos zurück. Solche Aussagen dürfen nicht ohne Folgen bleiben", so Meinl-Reisinger abschließend.
Oberstaatsanwaltschaft prüft
Das heimlich gefilmte Video, in dem Heinz-Christian Strache - damals Oppositionsführer, heute Vizekanzler - über verdeckte Parteispenden an die FPÖ und etwaige Gegenleistungen spricht, hat bereits die Justiz auf den Plan gerufen, berichtete der "Kurier" am Freitag. Laut Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek wurde die Oberstaatsanwaltschaft mit einer Prüfung beauftragt.
Pilnacek warnte aber, dass man sich noch kein Gesamtbild der Lage machen könne: "Es liegen vorerst nur Video-Ausschnitte vor, der Zusammenhang lässt sich nicht beurteilen." Es stelle sich aus juristischer Sicht die Frage, ob es sich nur um Gerede gehandelt habe oder es konkrete Hinweise auf ein strafbares Verhalten gebe.
Bitte um Video-Material
Die Justiz werde bei den beiden Medien - "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel" - um das gesamte, ungeschnittene Videomaterial bitten, "und dann die erforderlichen Schritte setzen", sagt Pilnacek. Ob Ermittlungen eingeleitet werden, sei deshalb noch offen, die Prüfung des Videos sei nun der erste Schritt.
Die "Süddeutsche Zeitung" hat allerdings schon betont, dass sie die Originalaufnahmen nicht zur Verfügung stellen werde.
Schwere Strafrechtliche Verstöße
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bezeichnet das Video als "beispiellos in der zweiten Republik". Es gebe schwere strafrechtliche relevante Tatbestände gegen den Vizekanzler. Sie fordert, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz beim Bundespräsidenten die Entlassung des Vizekanzlers in die Wege zu leiten.
"Strache entlassen"
"Vizekanzler Strache ist für Österreich nicht mehr tragbar. Bundeskanzler Kurz muss ihn augenblicklich entlassen", fordern die Klubobleute von JETZT, Wolfgang Zinggl und Bruno Rossmann.
"Das vom Spiegel und der Süddeutschen Zeitung heute publizierte Video zeigt den Vizekanzler und den FPÖ-Klubobmann Gudenus nicht als Repräsentanten der Republik, sondern einer völlig verluderten Gesellschaft. Im vermeintlichen trauten Beisammensein war es möglich, Gudenus und Strache die Maske abzunehmen und ihre wahre Fratze zu zeigen", meint Zinggl.
"Ihre angeblichen Vernetzungen und ihre Allmachtsfantasien sind der schlimme Höhepunkt einer Serie von Negativnachrichten über unser Land seit Beginn dieser Regierung. Die Spitzen der 'Heimatpartei' ziehen ohne Genierer nicht nur ihre Wählerinnen und Wähler in ein Licht der Verkommenheit. Ganz Österreich ist unendlich blamiert - die Welt lacht über ein Österreich mit einem Vizekanzler, der die Zuneigung einer russischen Oligarchin sucht. Allen, die sich um ein funktionierendes Österreich bemühen, bleibt das Lachen im Hals stecken", sagt Klubobmann Rossmann.
"Ab sofort übernimmt der Bundeskanzler allein die volle Verantwortung für den rapiden Niedergang Österreichs und sein weltweites Ansehen", hält Klubobmann Zinggl fest.
Die SPÖ zeigte lange keine offizielle Reaktion. Einer der ersten, der sich zu Wort meldetete, war der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer mit einem Facebook-Posting: Er erwarte den sofortigen Rücktritt von Strache.
Auch der Grüne EU-Spitzenkandidat Werner Kogler ist fassungslos: Er verweist Strache von der Oppositionsbank über die Regierungsbank als nächsten logischen Schritt auf die Anklagebank: