Das Innenministerium regelt per 1. Mai seine Öffentlichkeitskommunikation neu, Ziel der Richtlinie für Medienarbeit seien "bundesweit einheitliche Standards". Eine kolportierte Auflösung der Pressestelle des Bundeskriminalamts (BK) wurde auf APA-Anfrage ausdrücklich dementiert. Es handle sich um eine räumliche Verlegung ins BMI.
"Am Montagabend erhielt das Bundeskriminalamt in Wien eine überraschende Nachricht. Die Pressestelle wird per 1. Mai - also de facto mit sofortiger Wirkung - aufgelöst und in das Innenministerium von Herbert Kickl (FPÖ) übersiedelt", berichtete die Tageszeitung "Kurier" am Dienstagvormittag online. "Das Büro wird nicht aufgelöst, sondern die vier Mitarbeiter der BK-Pressestelle werden ins 'Mutterhaus' verlegt", sagte dazu Sektionschef Karl Hutter.
"Kriminalpolizeiliche Medienarbeit aus einer Hand"
Zu Hutter - und damit von der Sektion II, der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit mit dem BK, in die Sektion I, das Präsidium - wandert freilich auch die Dienst- und Fachaufsicht für die Pressestelle. Es gehe "um kriminalpolizeiliche Medienarbeit aus einer Hand", die künftig auch im Fall des BK zentral von der Herrengasse statt vom Josef-Holaubek-Platz kommen wird. Die Aufgaben für die betroffenen Mitarbeiter blieben aber die gleichen. "Es wird das Team für Öffentlichkeitsarbeit des Bundeskriminalamts weiter geben", bestätigte dessen Sprecher Vincenz Kriegs-Au der APA.
Der Kommunikationserlass jedenfalls tritt mit dem Staatsfeiertag in Kraft. "Die Öffentlichkeit ist durch die Medienarbeit und die Social-Media-Kommunikation so rasch wie möglich, aktiv und professionell in Angelegenheiten der inneren Sicherheit zu informieren", verbreitete das Ressort dazu. "Dabei sind die Freiheit der Medien und ihre Pluralität zu achten."
Aufregung über Mail
Im September 2018 hatte es immense Aufregung um ein Mail eines BMI-Pressesprechers an die Landespolizeidirektionen gegeben, wonach die Kommunikation mit bestimmten Medien, genannt waren "Standard", "Kurier" und "Falter", "auf das nötigste Maß" reduziert werden solle. Gleichzeitig wurden neue Regeln bezüglich der Nennung von Herkunft und Aufenthaltsstatus von Verdächtigen ventiliert sowie darauf hingewiesen, dass im öffentlichen Raum begangene Sexualdelikte "proaktiv" veröffentlicht werden sollten. Kritiker monierten eine "Info-Sperre für kritische Medien" sowie eine Fokussierung der Medienarbeit auf "Ausländerkriminalität".
Diesbezüglich hieß es am Dienstag vom Ministerium: "Personenbezogene Informationen sind nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zugänglich zu machen bzw. an Medien zu übermitteln. Das betrifft beispielsweise Fahndungsersuchen nach der Strafprozessordnung oder die rechtlichen Möglichkeiten der Datenübermittlung nach dem Sicherheitspolizeigesetz." Die Nennung von Staatsbürgerschaft bzw. Herkunft wiederum habe im Sinne der Glaubwürdigkeit nur dann zu unterbleiben, wenn dadurch eindeutige Rückschlüsse auf konkrete Personen gezogen werden könnten. Dass Medienarbeit bei Sexualdelikten nur erfolgen wird, wenn diese "im öffentlichen Bereich stattfinden und die Bekanntgabe zur Warnung der Bevölkerung vor weiteren Delikten oder zur Fahndung nach Tätern" erforderlich ist, wurde mit Opferschutz begründet.
Keine Begleitung für Journalisten
Neu geregelt wird auch die Einbeziehung von Journalisten, Kameraleuten und Fotografen bei Amtshandlungen. "Im nicht öffentlichen Raum ist die Mitnahme von Medienvertretern (oder Vertretern von Produktionsfirmen) zu konkreten Amtshandlungen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt. Das betrifft die Mitfahrt in Dienstfahrzeugen, deren Insassen jederzeit zu nicht öffentlichen Amtshandlungen gerufen werden können." Im öffentlichen Raum dürfen die Einsatzkräfte nicht durch anwesende Berichterstatter behindert werden.
Auf die Anliegen von Medien sei grundsätzlich "bestmöglich Bedacht zu nehmen", jedoch unter Berücksichtigung des Einzelfalles, etwa wegen laufender Ermittlungen, und Prüfung der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Die Mitarbeiter "haben sich als Dienstleisterinnen und Dienstleister zu verstehen, die glaubwürdig, tatsachenorientiert, transparent, dialogorientiert und nachvollziehbar, möglichst direkt, situationsgerecht und kooperativ agieren und kommunizieren". Immer sei "die Wirkung auf die Öffentlichkeit abzuschätzen und insbesondere zu prüfen, ob Interessen und Gefühle von Opfern und Angehörigen Betroffener und der Schutz ihrer Privatsphäre angemessen berücksichtigt werden".
Neos sehen "Medienmaulkorb"
Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak sieht in der am Dienstag bekannt gewordenen Übernahme der Öffentlichkeitsarbeitsagenden des Bundeskriminalamts (BK) ins Präsidium des Innenministeriums "die nächste massive Einschränkung der Medienfreiheit". Er kritisierte zudem die im neuen Medienerlass explizit enthaltene Regelung zur Nennung der Herkunft von Verdächtigen.
Ressortchef Kickl bringe "die Öffentlichkeitsarbeit des Bundeskriminalamts von einem Tag auf den anderen unter seine Kontrolle", warnte Scherak und kündigte eine parlamentarische Anfrage an. Mit der Herkunftsnennung bei Tatverdächtigen stelle sich der Innenminister "gegen die Empfehlungen des Europarats, die Polizei solle keine feindseligen Haltungen und Vorurteile gegenüber Minderheiten befeuern".
"Er treibt die Spaltung der Gesellschaft weiter voran. Kritischer Journalismus ist da nur hinderlich, daher versuchen Kickl und seine Parteifreunde ihn mit allen Mitteln und täglichen Angriffen zu verhindern", meinte Scherak. "Und der Kanzler schaut tatenlos zu."
Jetzt: FPÖ-Zensurfilter
"Es ist äußerst bedenklich, wenn die Öffentlichkeit nur mehr durch den FPÖ-Zensurfilter über sicherheitspolitische Themen informiert wird", sagte Alma Zadic, sicherheitspolitische Sprecherin von JETZT, zur Verlegung der Pressestelle des Bundeskriminalamts ins Präsidium des Innenressorts. Sie befürchte, dass Ressortchef Kickl die Kommunikation "der Message-Control unterordnen will".
"Es scheint als ob einzelne Dienststellen, wie etwa das Bundeskriminalamt, nicht mehr selbstständig mit der Bevölkerung kommunizieren sollen", meinte Zadic. Damit sollten wohl hausinterne Kritiker "mundtot gemacht werden", mutmaßte die Sprecherin.