Dass regierungsnahe Organisationen und die Regierungsparteien selbst ihre Steuerreform loben, ist keine Überraschung. Doch auch vonseiten der Opposition gibt es positive Reaktionen. Kritisiert werden aber der späte Zeitpunkt, fehlende Investitionsanreize und das Hinausschieben des Themas Kalte Progression.
So lobt Industriellenvereinigung die Entlastung von Menschen und Unternehmen. Die Senkung der Körperschaftssteuer "hätte aber im Sinne des Standortes mutiger ausfallen können", sagt IV-Präsident Georg Kapsch. Zu bedauern sei auch, dass die Chance auf die investitionsfördernde Maßnahme der Halbierung der KöSt auf nicht-entnommene Gewinne nicht genutzt wurde. WKÖ-Präsident Harald Mahrer sieht in der Reform ein wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort. Die steuerlichen Entlastungen verhelfen den Menschen zu „mehr Netto vom Brutto“ und bringen den Unternehmen im Land mehr Spielräume für Wachstum und Beschäftigung.
Auch der Handelsverband sieht wichtige Schritte in die richtige Richtung. "Entlastungen im Ausmaß von insgesamt 8,3 Milliarden Euro können sich sehen lassen. Mit einem zukunftssicheren, ausgeglichenen Budget – umso mehr", sagt Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbandes. Ähnlich sieht es Michaela Reitterer, die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV): "Alles, was Arbeit attraktiver macht, stärkt den Standort." Auch wenn nicht Mitarbeiter und jeder Betrieb von jeder Maßnahme profitieren würden. "Es wird aber für alle etwas dabei sein", sagt die Arbeitgebersprecherin.
Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer begrüßt das präsentierte Steuerreformpaket vor allem in Hinblick auf die Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich im internationalen Steuerwettbewerb. Positiv beurteilt KSW-Präsident Klaus Hübner die Senkung der Körperschaftsteuer und die Erhöhung des Gewinnfreibetrages sowie die Gegenfinanzierung der Steuerreform ohne Einführung neuer oder Erhöhung bestehender Steuern. Wünschenswert wäre für Hübner noch eine Senkung der Lohnnebenkosten im Interesse der Wirtschaft gewesen.
Gewerkschaften wollen schnellere Entlastung
Die Gewerkschaft der Privatangestellten schießt sich auf das Thema kalte Progression ein. GPA-djp Bundesvorsitzende Barbara Treiber kritisiert auch das späte Inkrafttreten der Tarifreform: "Die Beschäftigten brauchen jetzt mehr Geld und nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag, wenn die kalte Progression die Entlastung längst aufgefressen hat." Ähnlich argumentiert auch Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida: "Die ArbeitnehmerInnen müssen jetzt entlastet werden und nicht erst gestaffelt in ein paar Jahren beginnend mit 2021."
Versönlicher ist die Gewerkschaft Bau-Holz, die prinzipiell jede Initiative zur Entlastung der Beschäftigten begrüßt. Josef Muchitsch bemängelt allerdings, dass auf die Pendler vergessen wurde. Die Christgewerkschafter des ÖAAB begrüßen wenig überraschend die Reform: "Drei Viertel der Maßnahmen spüren die Erwerbstätigen direkt. Vor allem niedrige und mittlere Einkommen werden mit der Steuerreform entlastet. Damit setzt die Regierung ein weiteres zentrales Wahlversprechen um. Und das, ohne neue Schulden", erklärt ÖAAB-Generalsekretär Christoph Zarits.
Umweltorganisationen vermissen ökologischen Aspekt
GLOBAL 2000 sieht die großen Herausforderungen im Bereich Umweltschutz durch die Steuerreform weiter ungelöst: "Es gibt einen großen blinden Fleck der Steuerreform und das ist der Klimaschutz. Trotz zahlreicher Lippenbekenntnisse bleiben entscheidende Reformen aus, damit wird die Chance verpasst, Österreich durch eine ökosoziale Steuerreform zukunftsfit zu machen", sagt Global2000-Sprecher Johannes Wahlmüller. Auch WWF-Klimasprecher Karl Schellmann ist nicht zufrieden: "Eine echte ökologische Steuerreform zählt zu den günstigsten und wirksamsten Klimaschutzmaßnahmen. Stattdessen konserviert die Bundesregierung sündteure fossile Relikte wie das Dieselprivileg und ignoriert die Vorschläge und Erkenntnisse der Klimawissenschaft."
Als "schwer enttäuschend" kritisiert der Umweltdachverband den heute von der Bundesregierung präsentierten Entwurf der Steuerreform. "Ob extreme Wetterereignisse, Insektensterben, Naturverbrauch – die Auswirkungen unseres umweltschädlichen Verhaltens werden täglich sichtbarer. Um die wichtigen Klima- und Energieziele zu erreichen, wäre eine umfassende ökosoziale Steuerreform der beste Hebel gewesen," sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
Als „folgenschweres Versäumnis im Kampf gegen die Klimakatastrophe” kritisiert die Umweltschutzorganisation Greenpeace das heute präsentierte Steuerpaket. "Die Regierung hat es bei ihrem Steuerpaket verabsäumt, die Klimawende in Österreich einzuleiten. Mit fatalen Folgen: Österreich wird die Klimaziele verfehlen und CO2-Zertifikate in Milliardenhöhe kaufen müssen. Damit schaden Kurz und Co den Österreicherinnen und Österreichern doppelt: Die Regierung schützt die Bevölkerung nicht vor der Erderhitzung, und sie führt Österreich in ein Finanzdesaster”, kritisiert Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer.
Mehr machbar
Positiv beurteilt wird die Reform von den Vertretern der Pensionisten. Aus der anfangs zu befürchtenden Steuerreform mit unverhältnismäßig großen Vorteilen für die Wirtschaft sei ein Paket geworden, das doch die Arbeitnehmer in den Vordergrund stellt, sagt PVÖ-Präsident Peter Kostelka. "Jedoch, es wäre durchaus mehr daraus zu machen gewesen.“
Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec streicht den Sozialversicherungsbonus als besonders positiv hervor. . „Durch die 900 Millionen Euro hohe Senkung der Sozialversicherungsbeiträge können Seniorinnen und Senioren ab 2020 jährlich bis zu 265 Euro rückvergütet werden. Das ist auch eine Entlastung für Menschen der älteren Generation“, sagt Korosec.