Die von der Streichung des Feiertags betroffenen Kirchen haben am Karfreitag gemeinsam ein Zeichen gegen die neue Regelung gesetzt. Vertreter der Evangelischen Kirchen A.B. und H.B. sowie der Methodisten und Altkatholiken trafen sich in der Wiener Innenstadt, um ihren Unmut darüber auszudrücken und auf die Bedeutung des Feiertags aufmerksam zu machen.
Im Anschluss an den Vormittags-Gottesdienst versammelten sich Vertreter aus 30 evangelischen und altkatholischen Pfarrgemeinden vor der Lutherischen und Reformierten Stadtkirche in der Dorotheergasse. In Ansprachen erinnerten Vertreter der Kirchen an die Bedeutung des Karfreitags und übten Kritik an der Bundesregierung. "Die diskriminierende Haltung, die diese Regierung gegenüber Minderheiten in unserer Gesellschaft zeigt, macht es dringend notwendig, ein Zeichen zu setzen", sagte Superintendentialkuratorin Petra Mandl.
Die Abschaffung des Feiertags und die Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), wonach 96 Prozent der Bevölkerung davon nicht betroffen seien, womit er die evangelische Kirche als "quasi vernachlässigbare Minderheit" dargestellt habe, habe für Empörung in der Gemeinschaft gesorgt, bekräftigte Mandl.
"Religion und Glaube abgedrängt"
Die neue Regelung erwecke den Eindruck, dass Religion und Glaube ins Private abgedrängt werden sollen, kritisierte der Wiener Superintendent der Evangelischen Kirche, Matthias Geist, im Gespräch mit der APA. "Jede Minderheit sollte doch das Recht in einer offenen Gesellschaft zugestanden bekommen, dass wir unseren Glauben auch öffentlich leben und einen Feiertag in Anspruch nehmen können."
Er appellierte an die Bundesregierung, die Regelung zu überdenken: "Meine Erwartung ist, dass der Karfreitag doch ein Feiertag für alle Österreicherinnen und Österreicher wird", sagte Geist. Die evangelische Kirche hat bereits angekündigt, bis Mitte Mai eine Verfassungsklage auszuarbeiten.
"Über tiefen Sinn nachdenken"
Kardinal Christoph Schönborn hat am Karfreitag appelliert, die Karfreitagsdebatte sinnvoll zu nützen. "Wenn die heftige Debatte um den Karfreitag auch ein Gutes hat, dann wohl dies, dass sie hoffentlich dazu beiträgt, über den tieferen Sinn des Karfreitags wieder stärker nachzudenken", sagte Schönborn.
Der Tod Jesu am Kreuz sei tatsächlich der Moment, "von dem wir glauben, dass er die Erlösung der Menschheit ist". Wenn Jesus am Kreuz gebetet hat, "Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun", dann habe er das nicht nur für die getan, die ihn kreuzigten, sondern Jesus habe damit für alle Menschen die Vergebung erbeten, betont der Kardinal laut Kathpress.
Kein Feiertag für niemanden
Kein Feiertag für niemanden - das ist das, was aus der Klage gegen die Karfreitagszulage der Evangelischen und Altkatholiken, für die der Karfreitag bisher ein Feiertag herausgekommen ist. Man kann einen der ohnehin zustehenden Urlaubstage, die normalerweise einvernehmlich mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, erzwingen, als "persönlichen Feiertag", doch davon machten nur wenige Gebrauch. In verschiedenen Ländern und Gemeinden wurde wie bisher allen freigegeben, zumindest der halbe Tag. Auch die Bundesregierung nahm heute überwiegend frei.
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker ist froh, dass zumindest nicht der halbe Feiertag ab 14 Uhr herausgekommen ist, der hätte nämlich bedeutet, dass viele die vormittäglichen Gottesdienste nicht hätten besuchen können. Im Interview mit dem Morgenjournal erklärte Bünker, dass die evangelische Kirche die aktuelle Regelung weiter bekämpfen werde. Man werde den Verfassungsgerichtshof anrufen, das sei beschlossen worden, und zwar noch im Laufe des Mai.
Opfer kapitalistischer Überlegungen
Es sei grundsätzlich zu hinterfragen, wie es geschehen könne, dass die Frage religiöser Feiertag kapitalistischen Überlegungen zum Opfer fallen könne. Durch die Streichung des Feiertags und die Einführung eines "persönlichen Feiertags" für alle, der als Urlaubstag zu nehmen ist, werde "die öffentliche Religionsausübung radikal
individualisiert und privatisiert", hatte Bünker schon tags zuvor erklärt. Was die Diskussion gebracht habe: Eine neue, gemeinsame Besinnung auf die Bedeutung des Karfreitags.
Der Karfreitag wolle auch den Blick öffnen für jene Menschen, die heute unter Ungerechtigkeit leiden, die schweres Leiden zu tragen haben und die von Krieg und Gewalt bedroht sind, so Bünker: "Wir sollen das Leiden nicht wegschieben und übersehen, wir sollen es auch nicht selbst vergrößern, sondern wir sollen alles tun, was möglich ist, um es zu verhindern."
Friedlicher Protest der Kirchen
Die Kirchen treffen heute Mittag in der Wiener Innenstadt zu einem friedlichen Protest zusammen, die SPÖ beendete am Gründonnerstag ihre Aktion "Karfreitag für alle", nachdem sie eine Woche lang mobilisiert hatte. "Die
Regierung hat den Menschen den freien Karfreitag genommen. Während sich Kurz, Strache und Co. am Karfreitag Urlaub gönnen, müssen die ÖsterreicherInnen arbeiten. Ein klarer Beweis, dass die Interessen der Menschen für ÖVP und FPÖ nichts zählen. Ihnen geht es nur um die Wünsche der Großkonzerne und der Wirtschaft", kritisiert SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
Parteigeschäftsführer Thomas Drozda erinnerte einmal mehr daran, dass die Bundesregierung mit Kanzler Sebastian Kurz und Minister Gernot Blümel den Österreichern eigentlich versprochen hatte, "niemandem etwas wegnehmen zu wollen".
Österreicher fallen um zwei Feiertage um
Die Österreicher fallen heuer um zwei Feiertage um, weil diese auf einen Sonntag fallen. Es sind dies der 6. Jänner und der 8. Dezember. Außerdem ist der 26. Oktober ein Samstag und damit für viele Beschäftigten auch kein zusätzlicher freier Tag. Darauf hat am Karfreitag Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl aufmerksam gemacht und einen Ausgleich für diese verfallenden Feiertage verlangt.
Für AK Präsidentin Renate Anderl ist der Umstand, "ass die Regierung den ArbeitnehmerInnen einen freien Tag zusätzlich nicht gönnt, völlig unverständlich" - schließlich arbeiteten Vollzeitkräfte hierzulande laut EU-Statistikbehörde Eurostat jährlich um eine ganze Woche und zwei Tage mehr als etwa im exportstarken
Deutschland. "Wir werden uns daher auch weiter für eine Verkürzung der Arbeitszeit einsetzen, etwa in Form einer leichteren Erreichbarkeit
der sechsten Urlaubswoche."