SOS Mitmensch präsentiert ein Dossier, das mindestens 48 Verflechtungs- und Berührungspunkte zwischen der FPÖ und den „Identitären“ nachweist. Davon seien auch vier FPÖ-geführte Ministerien betroffen. Der Ball liege jetzt bei Bundeskanzler Kurz, aus den zahlreichen rechtsextremen Verflechtungen seines Regierungspartners Konsequenzen zu ziehen, so die Menschenrechtsorganisation.
„Ohne die Unterstützung durch FPÖ-Politiker und FPÖ-nahe Medien wären die „Identitären“ nie so präsent geworden wie sie es jetzt sind. Erst der jahrelange Rückhalt durch Teile der FPÖ-Parteiführung hat der rechtsextremen Gruppierung eine gewisse Breitenwirksamkeit ermöglicht“, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch.
Dossier zu Verflechtungen ab 2014
Das von SOS Mitmensch zusammengestellte Dossier zu den Verflechtungen von FPÖ und „Identitären“ umfasst den Zeitraum ab 2014. Das Jahr 2014 seit jener Zeitpunkt gewesen, ab dem der österreichische Verfassungsschutz regelmäßig über den rechtsextremen Charakter der „Identitären“ berichtet habe, so SOS Mitmensch. „Spätestens mit Erscheinen des Verfassungsschutzberichtes im Sommer 2014 musste allen in der österreichischen Politik klar sein, dass es sich bei den „Identitären“ um eine rechtsextreme Gruppierung handelt. Dennoch sind die Verflechtungen zwischen FPÖ und „Identitären“ gerade im Zeitraum ab 2014 intensiviert worden“, so Pollak.
Laut dem Dossier beschäftigen zumindest vier FPÖ-geführte Ministerien und drei weitere hochrangige FPÖ-Politiker MitarbeiterInnen mit Kontakten und/oder Sympathiebekundungen zu den rechtsextremen „Identitären“. Darunter
- das Sportministerium von Heinz-Christian Strache
- das Innenministerium von Herbert Kickl
- das Sozialministerium von Beate Hartinger-Klein
- das Außenministerium von Karin Kneissl.
Zumindest zwölf aktive FPÖ-PolitikerInnen bzw. FPÖ-Mitarbeiter hätten an rechtsextremen und „Identitären“-nahen Kongressen teilgenommen, darunter auch der aktuelle Innenminister, Herbert Kickl, und der aktuelle Vizebürgermeister von Graz, Mario Eustacchio, so SOS Mitmensch.
Darüber hinaus hätten eine Reihe an Politikerinnen und Politiker der FPÖ an Kundgebungen der „Identitären“ teilgenommen:
- Zumindest drei dieser FPÖ-Personen hätten laut dem Dossier sogar Reden auf „Identitären“-Kundgebungen gehalten.
- Zumindest neun aktive FPÖ-Politiker bzw. FPÖ-Mitarbeiter seien gemeinsam mit rechtsextremen „Identitären“ bei Stammtischen oder Infotischen anwesend gewesen, darunter auch FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache.
- Darüber hinaus seien mehr als ein Dutzend FPÖ-Politiker, darunter Vizekanzler Strache und FPÖ-EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky, in „Identitären“-nahen Medien aufgetreten oder hätten in diesen Medien inseriert.
"Kein einziger ausgeschlossen"
„Kein einziger FPÖ-Politiker wurde bislang allein aufgrund eines Naheverhältnisses zu den „Identitären“ aus der Partei ausgeschlossen, kein einziger Mitarbeiter deshalb aus einem Ministerium entlassen und noch keine einzige Unterstützung für ein „Identitären“-nahes Medium eingestellt. Im Gegenteil, Politiker, die ein enges Naheverhältnis zu den „Identitären“ pflegen, wurden in der politischen Hierarchie der FPÖ teilweise sogar nach oben befördert“, kritisiert SOS Mitmensch-Sprecher Pollak.
Pollak betont, dass nicht erst seit dem Massenmord von Christchurch bekannt sei, dass Rechtsextremismus, radikaler Nationalismus und Rassismus gefährlich seien und zu schrecklichen Konsequenzen führen können. Daher sei es besorgniserregend, dass eine Partei wie die FPÖ, die im Parlament vertreten ist und inzwischen sogar Regierungsverantwortung trägt, rechtsextreme Kreise fördert, bewirbt und finanziert und hochrangige FPÖ-Politiker in rechtsextreme Netzwerke integriert seien, so Pollak. Der Ball liege jetzt bei Bundeskanzler Sebastian Kurz, spät, aber doch, aus den zahlreichen rechtsextremen Verflechtungen seines Regierungspartners Konsequenzen zu ziehen.