Die oberösterreichischen Grünen wählten bei ihrer Landesversammlung am Samstag Stefan Kaineder (34) zum neuen Landessprecher. Er erhielt 92,54 Prozent der Stimmen und folgt Maria Buchmayr nach. Von 138 abgegebenen Delegiertenstimmen waren vier ungültig und 134 gültig. Von letzteren entfielen 124 auf Kaineder.
Vor seiner Wahl zum oö. Grünen Landessprecher hat Stefan Kaineder in seinem Referat die Politik in Sachen Klimaschutz in die Pflicht genommen: Es reiche nicht, Klimaziele auf ein Blatt Papier zu schreiben, man müsse auch für die Umsetzung sorgen. "Das ist eine Frage des politischen Willens und den werden wir herbringen". Dafür werde man Mehrheiten brauchen. "Die werden wir suchen und finden."
"Müssen dieses Versprechen erneuern"
Der 34-Jährige erzählte zunächst von Gesprächen mit Grünen jener Generation, die die Proteste gegen Hainburg und Zwentendorf miterlebt und getragen hätten: Diese "Grünen damals", hätten der Gesellschaft ein Versprechen gegeben und dieses in die Parlamente getragen. "Wir müssen dieses Versprechen erneuern", ist er überzeugt.
Derzeit seien viele Menschen verunsichert, "die alten Werte erodieren" und würden "ganz bewusst von unseren Regierungen" erodiert werden. Vor wenigen Jahren habe man sich noch gewundert über Ungarn, "heute haben wir Regierungsmitglieder, die offen die Menschenrechte" und "offen die Fundamente der Demokratie" wie etwa die Pressefreiheit infrage stellen würden.
"Klimakrise ist harte Realität geworden"
Darüber hinaus sei "die Klimakrise harte Realität geworden". Kühe hätten im vergangenen Sommer kein Futter gefunden, alte Menschen Kreislaufprobleme bekommen. Die großen Volksparteien hätten aber "keine wirklich tragbaren Antworten auf diese Fragen", sondern würden nur Kosmetik betreiben. "Ganz viele Leute spüren: Das geht sich nicht aus." Er empfahl den Grünen von jenen jungen Menschen zu lernen, die freitags für das Klima auf die Straßen gehen. Von ihnen könne man sich abschauen, "wie man mit dem Problem umgehen soll".
Als weitere Herausforderung nannte er gesunde faire Lebensmittel: Er freue sich über jeden, der bewusst einkaufe, "aber was ich sicher nicht hinnehme, ist, dass die Politik sich hier herausnimmt". Diese müsse die Rahmenbedingungen schaffen - etwa für die Frage "was darf denn überhaupt in die Supermarktregale?", forderte Kaineder.
"Wieder voll auf Kurs"
Landesrat Rudi Anschober forderte in seinem Referat ÖVP und SPÖ auf, angesichts der rechten "Verzahnungen" der FPÖ ihre Arbeitsübereinkommen mit den Freiheitlichen in Linz, in Oberösterreich, im Bund und im Burgenland zu kündigen.
Sie habe sich entschieden, nach sechs Jahren die Verantwortung in neue Hände zu legen "und damit auch neue Wege zuzulassen", sagte die scheidende Landessprecherin Buchmayr. Sie blickte in ihrem Referat zurück auf eine "Zeit absoluter Höhepunkte" - EU-Wahl 2014, Landtagswahl 2015, die Kür Alexander Van der Bellens zum Bundespräsidenten -, aber auch der "absoluten Niederlage", als man im Oktober 2017 aus dem Parlament geflogen ist. Nun habe sie aber den Eindruck, dass die Grünen "wieder voll auf Kurs sind", die Motivation sei zurückgekehrt.
"Zukunft wird aus Mut gemacht"
"Das Krone-Richten haben wir erledigt und jetzt ist es Zeit, die Rösser zu satteln und loszureiten", so Buchmayr. Das Friedensprojekt Europa sei an einem Scheideweg angelangt und der Rechtsextremismus salonfähiger geworden. Es sei "haarsträubend", wenn die FPÖ auf die Identitären-Causa mit "mein Name ist Hase" reagiere. Das drängendste Thema sei aber der Klimawandel, auch wenn es viele Politiker offenbar "nicht kratzt", dass "die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder gefährdet ist". Sie freue sich auf die Zusammenarbeit mit ihrem Nachfolger Kaineder und dessen Team und gab den Anwesenden als Appell mit: "Zukunft wird aus Mut gemacht."
Integrations-Landesrat Rudi Anschober rührte zunächst die Werbetrommel für seine Kampagne "Ausbildung statt Abschiebung", die eine "ziemlich einzigartige Allianz" hinter sich wisse. Es gehe darum, "weg von einer bösartigen Ideologie" hin zu Menschlichkeit und wirtschaftlicher Vernunft zu kommen. Denn die Bundesregierung zerschlage derzeit die Integration.
"Das ist das Gebot der Stunde"
Als "dramatisch" bezeichnete er die "Vernetzungen und Verzahnungen" der FPÖ mit rechten Gruppen, "diese Ähnlichkeit in der Sprache und in den Zielen". "Wir werden nicht zulassen, dass sich diese Ideologie in diesem Land durchsetzt." Er sei zwar grundsätzlich froh, dass es nun eine Distanzierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Teilen der ÖVP gegeben habe, aber vieles, das zuletzt bekannt wurde, sei nicht neu "und es ist dennoch zu Koalitionen gekommen". Er sehe nur einen möglichen Schritt: "diese Arbeitsübereinkommen, die es derzeit gibt, aufkündigen" - etwa in Linz, in Oberösterreich, im Bund und im Burgenland. "Das ist das Gebot der Stunde, dann sind sie glaubwürdig", richtete er ÖVP und SPÖ aus.
Zu Mittag steht bei der Landesversammlung im Volkshaus Pichling in der Linzer Solarcity die Wahl des Landessprechers am Programm. Kaineder ist seit 2015 Grüner Sozialsprecher im oberösterreichischen Landtag und seit Februar stellvertretende Bundessprecher. Seine Kandidatur war erwartbar. Gewählt werden am Samstag auch seine beiden Stellvertreter - es kandidieren die Katsdorfer Gemeinderätin Dagmar Engl und der Landtagsabgeordnete Severin Mayr - sowie die Mitglieder des Grünen Landesvorstands. Zudem erfolgt die Staffelübergabe der bisherigen Landesgeschäftsführerin Gabriela Schönberger an ihre Nachfolgerin, die frühere Linzer Klubobfrau Ursula Roschger.