Der Verfassungsgerichtshof hatte am 1.7.2016 den zweiten Wahlgang zur Bundespräsidentenwahl 2016 vom 22.5.2016 unter anderem wegen gravierender Rechtswidrigkeiten in 14 von 113 Bezirkswahlbehörden aufgehoben. Durch die dadurch erforderliche Wiederholung des zweiten Wahlgangs sind, wie der Rechnungshof festgestellt hat, nicht nur den Gemeinden und Ländern sondern auch dem Bund Mehraufwendungen in Höhe von zumindest 8,47 Millionen Euro entstanden.
In einer Aussendung gab die Finanzprokurator gestern bekannt: "Diese Mehraufwendungen stellen einen Schaden der Republik Österreich dar. Zur Wahrung der Ersatzansprüche hat die Finanzprokuratur als Rechtsvertreter der Republik heute die verantwortlichen Leiter der 14 Wahlbehörden, in denen es bei der Auszählung der abgegebenen Wählerstimmen zu den Rechtsverstößen gekommen war, zur Anerkennung ihrer Ersatzpflicht nach dem Organhaftpflichtgesetz aufgefordert."
Vier Beamte in der Steiermark und etliche mehr in Kärnten bekamen entsprechende Post. Sie haben jetzt drei Monate Zeit, zu zahlen. Sind sie dazu nicht bereit, klagt die Republik.
Bei der Höhe der Ansprüche, die die Republik erhebt, gehe es nicht, wie bei den Klagen der Korruptionsstaatsanwaltschaft, um Amtsmissbrauch und falsche Beurkundung, sondern darum, welche Handlungen oder Unterlassungen es gegeben habe, die die Aufhebung des Wahlganges durch den Verfassungsgerichtshof verursacht haben, erläutert Wolfgang Peschorn, Leiter der Finanzprokurator und damit oberster Anwalt der Republik.
Der VfGH ging auf diese Verfehlungen im Detail in seinem Erkenntnis ein. In manchen Wahlbehörden wurden die Kuverts frühzeitig aufgeschlitzt, in anderen die Stimmzettel zu früh herausgenommen, etc.
14 Wahlbehörden betroffen
Bei den von der Republik in die Ziehung genommenen Beamten handelt es sich um politisch bestellte Funktionäre und berufsmäßig ernannte Leiter von Verwaltungsbehörden. Betroffen sind die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.7.2016 genannten Bezirkswahlbehörden. Gegen die Beisitzer dieser Wahlbehörden werden keine Ersatzansprüche erhoben, "da die rechtswidrigen Vorgänge bei der Auszählung der Wählerstimmen in den 14 Bezirkswahlbehörden durch die Leiter dieser Wahlbehörden verhindert hätten werden können und von diesen zu verantworten sind", so die Finanzprokuratur. Peschorn: "Es ist nochmals allen Wahlleitern zu danken, die ihre Aufgabe gewissenhaft und sorgfältig erfüllt haben."
FPÖ will 3,4 Millionen
Ebenfalls im Detail bekannt wurde am Mittwoch die Höhe der Schadenersatzforderung, die die FPÖ gegenüber der Republik Österreich geltend macht. Es handelt sich um 3,4 Millionen Euro, die Summe setzt sich demnach jeweils etwa zur Hälfte aus Wahlkampfkosten für die aufgehobene Stichwahl im Mai und für die verschobene Wiederholung zusammen.
Warum die FPÖ und nicht der Kandidat selbst, Norbert Hofer, selbst klagt, wird damit begründet, dass sich der Schaden von Hofer auf die ihn unterstützende Partei verlagert habe. Genau darin könnte rechtlich aber die Crux begraben sein: Wahlwerber war eben nicht die FPÖ, sondern Hofer. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung für die FPÖ, den Schaden zu übernehmen, was die Erfolgsaussichten der Klage beschränkt. Der Prozess startet am 5. April am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen.
Begründet wird die Klage unter anderem damit, dass der Schutz des Rechts der Kandidaten, in ordnungsgemäßer Wahl gewählt zu werden, verletzt worden sei. "Die festgestellte Verletzung der diesen Schutz garantierenden Gesetze ist Grundlage für die Geltendmachung des entstandenen Vermögensschadens", heißt es in der Presseinformation.
"Durch die beispiellose Missachtung der ein korrektes Wahlgeschehen regelnden Bestimmungen und die Vernachlässigung von Kontroll- und Überwachungspflichten wurde nicht nur ein demokratischer Grundwert verletzt, sondern auch für den Wahlwerber und die diesen unterstützende Partei ein enormer finanzieller Schaden verursacht", argumentiert die FPÖ.
Claudia Gigler